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TRAURIGKEIT

 

Während dieses Monats hatte ich ein Gefühl, das in meinem täglichen Leben sehr gegenwärtig ist, eine gewisse Traurigkeit. Aber wenn ich Zazen mache, bleibt davon keine Spur. Woran kann ich erkennen, dass ich mich in Zazen nicht verstecke?

Es ist nicht notwendig, das zu wissen. Warum willst du das wissen?

Ich frage mich, ob ich mich in Zazen vor diesem Gefühl verstecke, es unterdrücke, oder ob ich mich im Alltag täusche.

Im Geist gibt es keine feste Substanz. Manchmal ist man traurig, manchmal ist man nicht traurig. Wenn du im täglichen Leben traurig bist, kannst du dich fragen: „Was ist das, diese Traurigkeit?“ Du nimmst dieses Gefühl als eine Art Koan, das dir etwas über dein Leben sagt. „Was ist das, diese Traurigkeit?“

Wenn dieses Gefühl in Zazen verschwindet, liegt das daran, dass man in Zazen in einer anderen Energie ist. Man ist weniger auf sein Ego zentriert. Normalerweise ist es das Ego, das traurig oder frustriert ist, weil es nicht das bekommt, was es will. Ich glaube nicht, dass man in Zazen das Ego unterdrückt. Man ist einfach in einem viel weiteren Geisteszustand als im Alltag, in dem es diese Frustration des Egos nicht mehr gibt. Ich glaube, dass es so ist, aber du musst es überprüfen.

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Wenn ich im Dojo heftig weinen muß, muß ich dann rausgehen, weil ich dann keinen Platz mehr im Dojo habe?

Das hängt von der Energie und der Kraft ab, mit der du weinst. Oft weinen Leute während Zazen. Wenn es dir gelingt, diskret zu weinen, dann geht es. Aber wenn du mit viel Lärm heulst, beeinflußt das die anderen und alle fangen an zu weinen. Dann wird es ein Problem. Wenn du wirklich weinen mußt, versuche leise zu weinen. Wenn du zu laut weinst, steht der Shusso auf und bringt dich aus dem Dojo. Er trifft dann die Entscheidung. Also brauchst du dir den Geist damit nicht kompliziert zu machen.

Das gibt mir nur das Gefühl, daß ich, wenn ich aus dem Reglement rausfalle, gehen muß.

Ja.

Bedeutet das, daß ich, wenn ich auf dem Weg bin, irgendwann keine heftigen emotionalen Regungen mehr habe?

Auf Dauer gesehen: ja. Aber anfangs ist es oft genau entgegengesetzt: Oft ist es so, daß die Gesellschaft uns veranlaßt, unsere Gefühle zu unterdrücken. Wenn man sich dann in Zazen hinsetzt, steigen alle angesammelten Emotionen auf. Das wird im Zen nicht abgelehnt. Es geht einfach darum, daß man die anderen respektiert und sich mit ihnen harmonisiert. Es ist völlig in Ordnung, wenn du weinst, aber es sollte die anderen nicht stören. Im allgemeinen geht das ein paar Monate so, dann hören die Leute auf zu weinen. Sie sind von ihren Emotionen befreit. Das zeigt die Erfahrung.

Die Zazen-Praxis ermöglicht es uns, im Alltag die Emotionen besser zu verdauen, d.h. sie nicht zurückzuweisen, wenn sie auftauchen, sondern mit ihnen in Kontakt zu sein und ihnen Raum zu geben. Gefühle sind wie Koans, sie lehren uns etwas. Ein Gefühl ist ein Phänomen, das uns eine Wahrheit in einem bestimmten Augenblick zeigt. Es ist also gut, das zu beobachten und den Gefühlen Raum zu geben.

Wenn sie verschwinden, verschwinden sie also allmählich durch die Dauer der Praxis und nicht mit Gewalt oder durch Unterdrückung?

Ja.

Auf der anderen Seite ist es für mich eine erschreckende Vorstellung, daß sie weg sind.

Das heißt nicht, daß es überhaupt keine Gefühle mehr gibt. Nur die heftigen Emotionen, die, die uns stören, haben die Tendenz zu verschwinden. Gefühle sind Teil des Lebens, und das geht weiter. Selbst wenn man Zazen macht, ist man traurig oder froh. Auch Zen-Meister haben Gefühle. Ich habe Meister Deshimaru erlebt. Er hatte Emotionen. Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Leuten, blieb er nicht Gefangener seiner Emotionen, sie sind sehr schnell vorbeigegangen. Wenn man z.B. traurig ist, ist man völlig traurig. Man geht bis in die Tiefe der Traurigkeit. Und das geht vorbei. Das ist wie eine Wolke, die vorüberzieht. Das heißt aber nicht, daß es keine Wolken mehr gibt, sondern nur daß sie nicht verweilen. Sie ziehen schnell vorüber.

Ist es also gut, bei heftiger Trauer und Tränen sich hinzusetzen und Zazen zu machen?

Ja, das ist sehr gut.

Das bedeutet aber, das Gefühl zu unterbrechen: Das freie Herausfließen wird unterbrochen.

Nein, es bedeutet in Kontakt mit dem Gefühl zu sein und mit ihm zusammen Zazen zu machen. Das hilft die Gefühle zu verdauen. Dadurch gehen sie schneller vorbei.

Ich erzähle immer wieder die Geschichte von dem Zenmeister, der 48 Stunden lang weinte. Einer seiner Schüler sagte zu ihm: „Sie sind kein richtiger Meister. Sie lassen sich von ihren Emotionen überwältigen und heulen wie ein kleines Kind.“ Der Meister antwortete: „Meine Freiheit besteht darin, zu weinen, wenn ich traurig bin.“ Er war völlig eins mit seiner Trauer, als er traurig war. Und er war wirklich in der Tiefe seiner Traurigkeit. Der Erfolg davon war aber, daß er den größten Teil seiner Traurigkeit in 48 Stunden bewältigt hatte. Dann war’s vorbei.

Es gibt andere Leute, die gegen die Trauer kämpfen und sich bemühen, sie zu verbergen. Sie verleugnen die Trauer und tun so, als wären sie überhaupt nicht traurig. Es gelingt ihnen nicht zu trauern. So bleiben sie mit dieser Trauer dann Monate lang. Das ist viel schlimmer. Das sollte man nicht tun.

Zen bedeutet mit seinen Gefühlen in Kontakt zu sein, sie tief zu durchdringen und dann über sie hinauszugehen. In Kontakt sein, aber nicht an ihnen haften, sie nicht lieben, sich nicht sagen: ‘Jetzt muß ich aber traurig sein.’ - Es gibt Leute, die hängen an ihren Emotionen. Im Zen hängt man an überhaupt nichts. Wenn man traurig ist, ist man völlig traurig. Aber schon am nächsten Tag kann man voller Freude sein. Wie das Wetter, das sich ändert.

 

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