Das Zen, das durch Meister Deshimaru zwischen
1967 und 1982 nach Europa gebracht wurde, bedeutet für jeden
von uns, zur ursprünglichen Praxis der Sitzmeditation zurückzukommen,
zu Zazen, bei dem Buddha erwachte. Diese Erfahrung ist älter
als der Buddhismus als Lehre, es ist seine lebendige Quelle.
Der Ausgangspunkt der spirituellen Suche Buddhas war seine Entdeckung
des menschlichen Leidens, das Erforschen seiner Ursachen und seines
Heilmittels, nicht nur für sich selbst, sondern für
alle Wesen. Er erkannte, daß Geburt, Krankheit, Alter und
Tod, daß getrennt zu sein von dem, was man begehrt, und
demjenigen ausgesetzt zu sein, was man haßt, die verschiedenen
Aspekte des Leidens sind. Sie erwachsen aus der dualistischen
Einstellung des Menschen, die im Lauf der Jahrhunderte seinen
Gegensatz zur Natur und zur kosmischen Ordnung verstärkt
hat.
Der Sinn des Erwachens Buddhas ist es, das menschliche Leiden
durch eine Praxis von Körper und Geist zu beenden, die es
dem Menschen erlaubt, die Einheit seiner selbst und zugleich die
Einheit mit seiner Umwelt wiederzufinden; eine Einheit jenseits
aller Trennungen und Gegensätze, die durch das Verhaftetsein
am Ego geschaffen werden.
Unsere westliche Zivilisation, deren Denkweise sich inzwischen
auf die ganze Welt erstreckt, ist technisch. Sie ist auf Beherrschung
und Ausbeutung der Natur ausgerichtet. Die aktuelle Krise in der
Beziehung des Menschen zur Umwelt ist nicht einfach ein Betriebsunfall
in einem unendlichen Fortschrittsprozeß. Sie ist Ausdruck
einer ungleichgewichtigen Haltung des Menschen der Natur gegenüber,
die auf die Ursprünge unserer Kultur zurückweist.
Der Mythos des Prometheus, der dem Zeus das Feuer raubt hat und
zur Strafe auf einem Felsen festgekettet wird, wo ein Adler jeden
Tag kommt, seine Leber herausreißt und verschlingt, symbolisiert
die Haltung des westlichen Menschen, der sich darauf konzentriert
hat, den Intellekt als Mittel zur Befriedigung seiner materiellen
Bedürfnisse zu entwickeln.
Nichts kann das fundamentale Bedürfnis des Menschen befriedigen,
die Suche nach Einheit mit der Natur, mit dem kosmischen System,
das man Gott oder Buddha-Natur nennt. Je mehr dieses spirituelle
Sehnen vernachlässigt wird, desto mehr ist man der unaufhörlichen
Anhäufung von Wünschen und Gegenständen ausgesetzt.
Letzteres ist zum Motor der Wirtschaft im Westen geworden. Es
äußert sich in einer andauernden Schädigung der
natürlichen Umwelt, einer Verschwendung nicht-erneuerbarer
Ressourcen und in vielfältigen Formen der Umweltverschmutzung.
Der Mensch, der ausschließlich von der linken Gehirnhälfte
gesteuert wird, zieht es vor, den Planeten auszubeuten, statt
eine Lebensweise in Harmonie mit der Natur zu schaffen. Die Entwicklung
künstlicher Bedürfnisse ist Zeichen des Ausgeliefertseins
an das begrenzte Ego, aus dem wiederum Unzufriedenheit, Angst
und Aggressivität entstehen. Die individuelle Konkurrenz
setzt sich auf internationaler Ebene fort als Konkurrenz im wirtschaftlichen
und militärischen Bereich. Aus dieser Konkurrenz resultiert
die Verarmung der Ärmsten sowohl in den sogenannten entwickelten
Ländern als auch in der sogenannten Dritten Welt. - Diese
Entwicklung ist in zahlreichen Analysen untersucht worden. - Dabei
handelt es sich nicht um einen Zufall, sondern um das Ergebnis
des Verhältnisses des Menschen zur Natur, bei dem er es sich
zum Ziel gesetzt hat, Herr und Besitzer des Universums zu werden,
um es mit Descartes zu formulieren.
Die Probleme der Umwelt können nur durch eine wirkliche spirituelle
Revolution gelöst werden. Der Buddhismus kann dazu beitragen,
denn er ist ein Weg der Harmonisierung des Menschen mit der kosmischen
Ordnung in der täglichen Praxis der Sitzmeditation, die wir
im Zen Zazen nennen.
Zazen besteht darin, sich auf die korrekte Sitzhaltung zu konzentrieren.
Man sitzt auf einem Kissen, das Becken ist nach vorne geneigt,
die Knie sind auf den Boden gestützt. Der Rücken ist
gerade, der Nacken gestreckt, das Kinn zurückgezogen. Die
Handkanten haben Kontakt mit dem Unterleib, die Daumen sind horizontal.
In dieser Haltung atmet man langsam und tief aus und läßt
die Einatmung wie von selbst kommen. Man beobachtet die Gedanken,
die vorüberziehen, ohne sie festzuhalten oder abzuwehren.
Die Konzentration auf die Haltung erlaubt es dem Körper und
dem Geist, ihre Einheit zu finden. Die richtige und ausgeglichene
Körperhaltung ermöglicht dem Geist, ruhig und frei zu
werden.
Unsere Beziehungen zu unserer Umwelt sind die Quelle verschiedenster
negativer Empfindungen: Wut, Aggression, Angst und Furcht. Sie
drücken sich in Körperspannungen aus. Unausgeglichen,
unwohl in seiner Haut sucht der Mensch alle möglichen Kompensationen
im Kampf um Macht, Eigentum und materielle Güter. Daraus
entsteht die Zerstörung der Umwelt.
Vor der Wand zu sitzen bedeutet aufzuhören, Äußerlichkeiten
zu folgen, und den Blick nach innen zu richten. Es bedeutet, aufzuhören,
immer hinter irgend etwas herzulaufen, dem Geist Einhalt zu gebieten,
der immer etwas haben will.
In Zazen drückt man die Erde mit den Knien und den Himmel
mit dem Kopf. Das bedeutet, die Einheit mit dem Kosmos wiederherzustellen.
Wenn die Körperhaltung harmonisch wird, lösen sich die
Verspannungen, die Angst verschwindet. Die Ausatmung wird tief
und erlaubt eine bessere Sauerstoffversorgung des Blutes. Die
Müdigkeit nimmt ab, der Geist wird ruhig. Das Zwerchfell
und die Zone des Solarplexus, die oft aufgrund von Gegensätzen
im Geist verspannt ist, entspannen sich. Die Energie sammelt sich
im Hara, dem vitalen Zentrum zwischen Bauchnabel und Schambein.
Der Geist beruhigt sich und die Wachsamkeit nimmt zu. Die linke
Gehirnhälfte, Sitz des Sprachzentrums und des analytischen
Denkens, das durch die moderne Erziehung zu ausschließlich
entwickelt wird, ruht sich aus, und die rechte Hirnhälfte,
Sitz der Intuition, der globalen Formerkennung und der künstlerischen
Fähigkeiten wird stimuliert. Der Ausgleich der zerebralen
Funktionen ist die Quelle eines ausgeglicheneren Lebens und einer
harmonischeren Beziehung mit der Umwelt.
Mit der linken Gehirnhälfte hat der Mensch das abstrakte
Denken entwickelt, das es ihm einerseits erlaubt hat, eine gewisse
Herrschaft über die Natur zu gewinnen, andererseits aber
die intime Beziehung zur Umwelt abgeschnitten hat. Das auf der
Sprache beruhende Denken ist dualistisch und schafft eine Trennung
von Mensch und Natur. Diese Trennung bringt Einsamkeit und Frustration
mit sich. Der Mensch versucht, sie zu kompensieren, indem er seinen
Zugriff auf die Natur mit dem Mittel der Technik noch verstärkt.
Zazen zu praktizieren erlaubt eine unmittelbare Beziehung zur
Natur, eine poetische Sicht der Welt, eine Anteilnahme am Leben,
die den Machtwillen des Menschen, der zum reinen "homo oeconomicus"
geworden ist, auf einer tiefen Ebene korrigieren kann.
In Zazen lernt man sich selbst intim kennen. Aber da sich diese
Beobachtung der Gedanken, der Bilder, der Wünsche, die aus
dem Unterbewußten auftauchen, einstellt, während man
sich kontinuierlich auf die Haltung und die Atmung konzentriert,
bleibt der Geist nirgends stehen, bleibt immer frei und verfügbar.
Der Einfluß der mentalen Konditionierungen, die aus der
Vergangenheit stammen, verringert sich, die Denkgewohnheiten,
die Automatismen werden ebenfalls schwächer, und der Geist
kann kreativ werden.
Während Zazen verstehen wir aus dem Innern heraus, daß
das Ego keine feste Substanz hat und daß wir nur in völliger
wechselseitiger Abhängigkeit mit dem ganzen Universum existieren.
Das Gefühl der Einsamkeit und Trennung verschwindet. Wir
können unsere Einheit und Solidarität mit den anderen
und der Umwelt erfahren. Diese Erfahrung, die aus den Tiefen unseres
Körpers und unseres Geistes gelebt wird, ist die Grundlage
einer neuen Ethik und einer wirklichen Ökologie.
Eine Ethik als ein Wertesystem, das unserem Leben und Handeln
einen Sinn gibt, ist sicher nicht getrennt zu sehen von der Ökologie,
verstanden als der Suche nach einem harmonischen, ausgewogenen
Verhältnis zwischen dem Menschen und seiner Umwelt.
Vom Standpunkt der Zazen-Praxis aus bedeutet Nicht-Töten
nicht nur das Nicht-Töten anderer Menschen, sondern das Leben
zu respektieren, alle Formen des Lebens. Alle Existenzen sind
Einheit. Sie und ich, wir sind in der Tiefe weder unterschieden
noch getrennt. Wenn wir das tief verstehen, können wir der
Aggression, den destruktiven Verhaltensweisen entgegenwirken und
eine tiefe Sympathie mit allen Wesen entwickeln, die Quelle einer
wirklichen Solidarität wird, ohne die keines der großen
Ungleichgewichte, die die Menschheit bedrohen, gelöst werden
kann, wie z.B. die wachsenden Gegensätze zwischen den reichen
Ländern und den Entwicklungsländern und die wachsenden
Gegensätze im Innern der Länder zwischen denen, die
Zugang zu Reichtümern haben und denjenigen, die immer ärmer
werden.
In der gleichen Weise bedeutet Nicht-Stehlen, daß man das
nicht nimmt, was einem nicht gehört. Aber was gehört
uns bei unserer Geburt? Es ist das Mönchsideal nur mit seinem
Kesa und seiner Eßschale zu leben. Das ist alles, was wir
zum Leben brauchen: unseren Körper ernähren und Zazen
machen. Selbst wenn wir diesem Ideal nicht ganz folgen in Bezug
auf die Enthaltung von überflüssigen Gütern, so
ist doch klar, daß die Zazenpraxis uns dazu bringt, unsere
Wünsche zu begrenzen und zu einem einfachen und natürlichem
Leben zurückzukehren. Die Achtung der Umwelt und der Natur
zeigt sich als eine Vereinfachung der menschlichen Bedürfnisse,
als eine Rückkehr zum Normalzustand von Körper und Geist.
Gerade darin besteht die Zazenpraxis.
Dieses bedeutet keine Askese, in der man sich bemüht, die
Wünsche abzuschneiden. Was man "das Ego aufgeben"
nennt, ist die natürliche Frucht der Zazenpraxis. Es geschieht
unbewußt und natürlich, wenn man hier und jetzt ganz
und gar eins wird mit der Praxis.
Die dualistische Haltung unserer Kultur macht alles zur Technik,
und die technische Haltung ist es, die die Krise zwischen dem
Selbst und der Umwelt schafft. Diese Haltung besteht darin, immer
alles im Blick auf etwas anderes zu machen, für einen künftigen
Gewinn. Sogar die einfachsten und natürlichsten Dinge wie
Liebe, Reden oder Meditation werden zu Techniken, zu Mitteln,
um etwas anderes zu erreichen. Zazen machen, bedeutet, diese Haltung
aufzugeben, kehrt zu machen. Man praktiziert Zazen nicht, um das
Erwachen, das Satori zu erreichen. Wenn Zazen ohne Profitgeist
praktiziert wird, ist es selbst Satori. Wenn man das versteht,
wird alles in unserem Leben zur Praxis des Erwachens. Es ist nicht
mehr nötig, etwas Besonderes, einen besonderen Zustand zu
suchen.
Als ein Mönch Meister Joshu fragte:
"Was ist das Wesen des Buddhismus?"
Antwortete ihm Joshu einfach:
"Hast Du gefrühstückt?"
"Ja, Meister", antwortete der Schüler.
"Dann geh Deine Schale spülen."
Die einfachen Handlungen unseres Alltags in völliger Aufmerksamkeit
auf das Hier und Jetzt sind die Praxis des Buddha-Weges. Das bedeutet,
alle Dinge zu respektieren und zu schützen als unser kostbarstes
Gut und jede Verschwendung zu vermeiden. Zum Beispiel gießt
man, wenn man in einem Zen-Tempel mit einer Kelle aus einem Brunnen
Wasser schöpft, lieber einen Teil in den Brunnen zurück,
als es zu verschütten. Wenn man sogar eine halbe Schöpfkelle
Wasser achtet, dann ist verständlich, welche Haltung völliger
Achtung für die natürliche Umwelt das Zen einübt.
Das hat die Mönche dazu geführt, Kunstformen hervorzubringen,
wie die Blumenkunst, das Ikebana, deren Ziel es ist, das Leben
der Blumen zu verlängern, die Buddha dargebracht werden oder
von einem Gewitter abgerissen wurden. Die Gartenkunst ist Ausdruck
des Gefühls der Einheit mit der Natur und dem ganzen Universum,
jenseits jeden Gegensatzes zwischen Natur und Kultur.
Aber die Wurzel dieser Praktiken ist die Verwirklichung unserer
tiefsten Natur in Zazen. Diese Buddha-Natur ist nicht etwas, das
man erfassen und definieren kann. Sie erschließt sich, wenn
man aufhört, etwas erfassen zu wollen. Dann verwirklicht
sich unsere Einheit mit der großen Natur; mit Gott oder
Buddha, mit der höchsten Dimension der menschlichen Existenz
auf natürliche Weise, wie von selbst, so wie eine Blume erblüht,
wenn sich ihre Blütenblätter öffnen.
Unsere Beziehung zur Umwelt vollzieht sich vor allem in der Arbeit.
Arbeit bedeutet vom Wortursprung her im Französischen
Leiden oder sogar Qual. Es ist wahr, daß
in unserem Wirtschaftssystem die Arbeit oft entfremdet ist und
daher Leiden hervorbringt, weil sie nur als Mittel, um einen Lohn
oder eine soziale Position zu erreichen, gesehen wird. Die Arbeit
im Zen, Samu genannt, wird als Dienst an der Gemeinschaft betrachtet.
Sie wird mit völliger Aufmerksamkeit auf die Handlung hier
und jetzt ausgeführt. Sie ist nicht nur ein Mittel, um materielle
Güter zu schaffen, sondern ein Weg der Selbstverwirklichung,
eine Meditation des Tuns. Mit diesem Geist ausgeführt ist
Arbeit kein Mittel mehr, sich zum Herrn und Besitzer der natürlichen
Umwelt zu machen, sondern eine Quelle innerer Freiheit.
Durch die kontinuierliche Zazenpraxis erkennen wir, daß
Makrokosmos und Mikrokosmos nicht getrennt sind. Die Gesetze der
Natur zu mißachten, bedeutet zugleich unsere Harmonie mit
dieser Natur zu ruinieren und den Sinn unserer menschlichen Natur
zu verlieren.
Obwohl wir von Ökologie sprechen, gibt es eine Kluft zwischen
dem, was man von den Gefahren, die die modernen Techniken für
die natürliche Umwelt bedeuten, weiß, und dem, was
man wirklich tut, um Abhilfe zu schaffen, so als glaubte man,
es wäre nicht möglich, die Umweltverschmutzung zu stoppen.
Zazen zu praktizieren, das ist unsere Haltung hier und jetzt zu
ändern, indem man bei seiner unmittelbaren Umgebung anfängt.
Die Verschmutzung ist zuerst im Denken, bevor sie sich in der
Atmosphäre, dem Wasser, der Erde niederschlägt; es handelt
sich um den egoistischen, unmittelbaren Profitgeist, dessen Kosten
künftige Generationen zu tragen haben.
Zazen zu praktizieren bedeutet, sein Ego aufzugeben und die gegenseitige
Abhängigkeit und Solidarität mit dem ganzen Universum
zu verwirklichen.
Die Eroberung der Natur ist zustandegekommen durch die Entwicklung
des dualistischen und abstrakten Geistes, durch den mathematischen
Geist, der Quantität vor Qualität setzt, das Haben vor
das Sein. Die Technik reduziert das Wesen auf die Erscheinungsform,
das Sein auf das Seiende. Es ist nicht erstaunlich, daß
in einer solchen Sicht Gott tot ist. Problematisch daran ist,
daß der Mensch damit auch seine wahren Wurzeln verloren
hat, seine wahre göttliche Natur, seine Buddha-Natur.
Die Effektivität der Beherrschung der Natur hat zu einer
Reduzierung der Intuition und der Kreativität geführt.
Nachdem er die Natur der Technik angepaßt hat, ist der Mensch
zum Rädchen geworden, das in dem technokratischen Getriebe
funktionieren muß, das er geschaffen hat.
Die Ökologie erinnert an die Grundgesetze des natürlichen
Gleichgewichts, der Interaktion der Lebenden Wesen mit der Umwelt,
aber ohne eine radikale Veränderung in der Mentalität
bleiben die ökologischen Ideen ohne größeren Einfluß.
Der Buddhismus enthält die spirituellen Grundlagen einer
wahren Ökologie, weil er eine Praxis der Nicht-Dualität
von Körper-Geist, selbst und anderen, von Mensch und Kosmos,
von Praxis hier und jetzt und Erwachen ist.
Die Beziehung zur Umwelt zeigt sich auch im Bereich der Energie:
Wir sind aus den gleichen Elementen und aus der gleichen Energie
zusammengesetzt wie das ganze Universum. Wenn man für sich
selbst zuviel Energie verbraucht, schafft das ein Ungleichgewicht,
nicht nur in der Umwelt, sondern auch in sich selbst. Z.B. ruiniert
zu viel Nahrung und eine zu reichhaltige Nahrung die Gesundheit.
Der Buddhismus befürwortet eine gewisse Genügsamkeit.
Während der Sesshin gibt es eine leichte,
natürliche Kost. Ohne Dogmatismus entwickelt Zazen unser
Gefühl für Nahrung.
Zuviel Komfort schwächt unsere Abwehrkräfte. Das Leben
im Zen besteht darin, zu einer einfachen Existenzweise zurückzufinden,
ohne zuviel Komfort oder Luxus.
Zuviel Information macht unsere Beziehung zur Welt abstrakt. Zen
bedeutet zur direkten Erfahrung des Lebens zurückzufinden.
Die Zen-Mönche haben ihr Dojo oft in der Natur errichtet,
in den Bergen, an Flüssen. Aber nicht aus einer romantischen
Verbundenheit mit der Natur. Ebenso wie Zazen drücken auch
die Erscheinungsformen der Natur die Lehre des Buddha jenseits
von Sprache und bewußtem Denken aus. Letztlich ist es so,
daß für den, der Zazen praktiziert, alle Wesen Buddha
sind und eine große Belehrung zum Ausdruck bringen. Mönche
sind erwacht, als sie einen Stein fallen oder das Geräusch
des Bambus gehört oder eine Pfirsichblüte gesehen haben
oder auch durch das Geräusch eines Sturzbaches im Tal. Diese
natürlichen Phänomene waren die Gelegenheit, ihre Einheit
mit dem ganzen Universum zu realisieren, die Wirklichkeit ihres
Lebens hier und jetzt jenseits aller Dualitäten, aller Trennungen.
Ein Berg ist nicht das Bild oder der Begriff des Berges. Er ist
weder eine Metapher noch ein Symbol, sondern eben ein Berg, so
wie Zazen eben nur Zazen ist. Das heißt nicht, daß
er etwas Begrenztes ist, sondern im Gegenteil: Es verweist auf
die Existenz jenseits des Gegensatzes von absolut und relativ.
Der Berg ist genau das, was er ist.
Schließlich ist unsere Umwelt eine bewegte, unbeständige
Welt. Unser Ego, das ein dauerhaftes Glück sucht, stößt
sich an der Vergänglichkeit der Phänomene. Deshalb haben
die meisten Religionen das Glück im Jenseits gesucht; in
einigen Schulen des Buddhismus sucht man das Nirvana jenseits
der Welt der Erscheinungen. Zazen zu praktizieren, bedeutet, sich
jenseits des Dualismus von Erscheinungswelt, die man Samsara nennt,
und Nirvana zu befinden. Denn dieser Dualismus ist noch Verhaftetsein
an unser Ego. Wenn dieses Ego aufgegeben wird, braucht man Samsara
nicht mehr zu fürchten und das Nirvana nicht mehr zu suchen.
Der Bodhisattva des Mahayana-Buddhismus lebt und praktiziert in
der Erscheinungswelt, um allen Wesen zu helfen, ihr Leiden zu
beenden und das Erwachen zu verwirklichen.
Das ist der Lebenssinn, den die Zazenpraxis jedem von uns vorschlägt.
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