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ZEN-SCHULEN
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Es gibt immer mal wieder eine Scheidung in der Traditionslinie des Zen. Wasgab es für Gründe, immer wieder auseinander zu gehen? So ähnlich ist es ja auch in der Schule von Meister Deshimaru. Ist deine Frage: Warum gibt es unterschiedliche Unterweisungen? Was waren die Gründe, dass es immer wieder diese verschiedenen Schulen gab? Ich glaube, dass das vor allem daran liegt, dass die Leute, statt in Kontakt mit der Wurzel, mit der Erfahrung des Erwachens Buddhas zu bleiben, sehr viele Interpretationen entwickelt haben, vor allem ihren eigenen Charakteristika entsprechend. Auch wurden in der Geschichte entsprechend der jeweiligen Epoche und der jeweiligen Kultur Mittel entwickelt, die am geeignetsten schienen, die Unterweisung weiterzugeben. Meines Erachtens ist es eines der Charakteristika der Weitergabe des Dharma Buddhas, dass es einerseits eine einzige Wurzel gibt - und ich glaube, alle stimmen darin überein - die Leerheit des Egos in der Zazen-Praxis zu erfahren. Aber vielen fällt es schwer, das zu verstehen und zu akzeptieren. Alle buddhistischen Unterweisenden haben immer daran geglaubt, dass man geeignete Mittel entwickeln müsse, um den Wesen ihren Täuschungen und ihrer Konditioniertheit entsprechend zu helfen, Zugang zur Wirklichkeit zu finden. Man hat alle möglichen Mittel entwickelt, sogar Techniken. Aber das sind nur Mittel. Oft verliert man vor lauter Mitteln die Essenz, die Wurzel aus dem Blick. Dann wird es kompliziert und man weiß nicht mehr, was die Essenz des Erwachens Buddhas war. Es gab dann immer wieder Perioden, in denen Meister zum Ursprung zurückkehren wollten. Für mich sind es hauptsächlich zwei, zum einen Nagarjuna im 3. Jahrhundert sowie Nyojo und Dogen im 13. Jahrhundert. Aber auch sie haben sich dem Kontext entsprechend ausgedrückt, in dem sie sich befanden. Wie ich bereits in diesem Sommer auf der Gendronnière gesagt habe: Selbst wenn Nagarjuna im Grunde eine ganz einfache Unterweisung hatte, die darauf abzielt, es zu ermöglichen, die befreiende Kraft der Unterweisung Buddhas wieder zu finden, hat er, weil seine Zuhörer vor allem Philosophen und Mönchen waren, die viele Konzepte bezüglich des Dharmas entwickelt hatten, seine Sprache diesen Menschen angepasst. Das gleiche gilt für Dogen: Anfangs hatte Dogen eine sehr universelle Sprache – das Fukan zazengi und das Bendowa sind sehr universell. Aber als er sich später mit rund 40 Schülern im Tempel Eihei-Ji befand - das waren Schüler, die seit 20-30 Jahren Mönche waren, die bei anderen Meistern praktiziert hatten, den Buddhismus sehr gut kannten und bereits Vorstellungen vom Zen hatten, konzentrierte er sich darauf, sie zu unterweisen und seine Sprache änderte sich entsprechend. Er zielte darauf, die Zweifel seiner Schüler zu lösen und ihre Fragen zu beantworten. - Sie waren völlig anders als wir: Sie hatten seit 20-30 Jahren den Buddhismus praktiziert, waren anderen Schulen gefolgt und hatten ihre eigenen Konzeptionen entwickelt, die sie manchmal durchzusetzen versuchten. - Daraus entstand das Shobogenzo. Es ist zum einen Ausdruck des Erwachens von Dogen, andererseits ist einer bestimmten Hörerschaft angepasst, die nichts mit euch hier und mir zu tun hat. Obwohl m.E. die Wurzel im Grunde immer dieselbe ist, hängt die Form, in der sich die Meister ausgedrückt haben, immer von den Hörern, von den Schülern ab. Für sie haben sie geeignete Mittel entwickelt. So sind verschiedene Schulen entstanden. Zur Zeit Dogens, im 13. Jahrhundert, gab es in Japan die Idee, dass man in ein dunkles Zeitalter eingetreten war, in Mappo, in eine Zeit, in der der Buddhismus komplett degeneriert war. Es war nicht mehr möglich, so wie früher die Praxis zu unterweisen, die es jedem ermöglichte, durch sich selber zu erwachen. Das schien vielen Menschen unmöglich geworden zu sein. So haben sich Schulen entwickelt, in denen man sich der Kraft Buddhas hingab. Man lehrte, es würde ausreichen zu beten, den Namen Buddha Amidas zu rezitieren, um gerettet zu werden: „In unserer Zeit kann man das Erwachen nicht mehr selbst erlangen, nur beten hilft.“ Das war eine Antwort einer bestimmen Zeit auf bestimme gesellschaftliche und kulturelle Zustände. Zur gleichen Zeit gab es Leute wie Dogen, die eine andere Sichtweise hatten und das für falsch hielten. - Zur gleichen Zeit gab es zwei Schulen, zwei völlig unterschiedliche Weisen zu versuchen, das Erwachen Buddhas weiterzugeben. Weil Leute wie Shinran und Dogen sich nicht an die gleichen Menschen wandten. Daher die Verschiedenheit. Das darf euch nicht zu Zweifeln führen. Du hast den Weg Zen betreten, der von Meister Deshimaru weitergegeben wurde. Das musst du vertiefen. Das genügt. ----- Im Shobogenzo gibt es ein Kapitel, in dem Meister Dogen auf die Erfinder der verschiedenen Schulen im Buddhismus schimpft. Er sagt: „Buddha hat niemals verschiedene Schulen gepredigt.“ Trotzdem beruft sich die Soto-Schule auf Meister Dogen. Was denkst Du darüber? Natürlich hat Buddha nicht mehrere Schulen gelehrt. Die Essenz des Erwachen Buddhas, als er Zazen praktizierte, ist eine einzige Sache. Aber er musste seine Unterweisung an die Fähigkeiten und das Verständnis seiner Schüler anpassen. Einigen unterwies er die Verdienste der Praxis, andere unterwies er in der Leerheit. Danach haben sich Schulen gebildet, je nachdem welche Art von Verständnis die Schüler hatten, welchen Aspekt sie als Schwerpunkt nahmen. Später entstanden die Mahayana-Sutren, und ausgehend von diesen Sutren haben sich verschiedene Schulen gebildet, die eines dieser Sutren als Kern ihrer Unterweisung nahmen. Historisch gesehen war das so. Dogen war wie Meister Nyojo gegen diesen sektiererischen Geist. In seiner Zeit gab es viele sektiererische Tendenzen, z.B. war Tendai sehr dominant und hat die anderen Schulen bekämpft. Die Menschen wussten nicht mehr, was die wahre Unterweisung Buddhas war. Sogar Dogen hatte am Anfang seines Mönchslebens diesbezüglich Zweifel. Als er Meister Nyojo begegnete und in seinem Dojo das Erwachen verwirklichte, hatte er den Eindruck, dass er wirklich zur Essenz von Buddha Shakyamunis Unterweisung, zu Shikantaza zurückgekehrt war. Sein weiteres Leben lang hat er sich bemüht, den Menschen zu helfen, zur Essenz von Shakyamunis Unterweisung zurückzukehren. Dogen hat fast nie geeignete Mittel benutzt. Die meisten buddhistischen Schulen rechtfertigten ihre verschiedene Mittel und Techniken damit, dass es sich um Upaya, geeignete Mittel, handle, um unterschiedliche Leute zu unterweisen. Im Gegensatz dazu meinte Dogen, Upaya seien nicht nötig. Ein Upaya ist ein Mittel. Wenn man ein Mittel benutzen würde, würde das heißen, dass unsere Praxis ein Mittel ist, um das Erwachen zu erlangen. Damit war Dogen nicht einverstanden. Der Upaya-Gedanke fördert den dualistischen Geist. Die Essenz von Buddhas Unterweisung ist die Nicht-Dualität. Sich hier und jetzt erwecken ist die Praxis. Die Praxis selbst ist Erwachen. Aber vielen Menschen fällt es schwer, das zu begreifen. Und selbst wenn die Nicht-Dualität die Essenz von Buddhas Unterweisung ist, hat er selbst Mittel unterwiesen, z.B. den Achtfachen Pfad. Der ist ein Mittel. Ich bin tief mit Dogen einverstanden. Ich denke, es ist sehr wichtig, die Praxis selbst als Erwachen zu verstehen, nicht als Mittel. Ich halte es für einen Fehler, verschiedene Techniken oder Mittel zu haben, weil das das Ego in seiner Illusion hält: Man macht etwas, um etwas zu erreichen. Das ist nicht das Erwachen. Das ist Egoismus. Immer etwas erlangen, etwas erreichen wollen, ist Egoismus. Die Essenz der Buddha-Unterweisung ist: Hier und jetzt realisieren wir das Erwachen, im völligen Loslassen des dualistischen Geistes. Mushotoku und Hishiryo sind die beiden großen Pfeiler des Zen. Das sind keine Mittel. Das ist wirklich die absolute Praxis. Das ist die Essenz der Unterweisung Buddhas. Paradox ist, dass Dogen von dieser Unterweisung ausgehend
zum Gründer der Soto-Sekte in Japan wurde. Aber die Soto-Schule versucht,
die Reinheit der Praxis zu bewahren, und ist eigentlich nicht so sektiererisch.
Besonders Meister Keizan hatte sehr großes Verständnis für
die Bedürfnisse des Volkes. Nach Keizan hat die Soto-Schule einige
Praktiken als Mittel integriert, um die religiösen Bedürfnisse
der Menschen zu befriedigen. Aber das Herz des Dharma, Butsudo, wurde
immer beibehalten: Zazen, Hishiryo, Shikantaza sind keine Mittel.
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