BuddhaWeg-Sangha

Mitglied der Association Bouddhiste Zen d'Europe

Mitglied der Deutschen Buddhistischen Union

 

 

zurück zu

Fragen und Antworten

 

RELIGIONEN

 

 

Du hast von Realisation gesprochen. Kannst du mir sagen, ob die Erfahrung, die man in anderen Religionen macht, auch so ist. - Wie war es mit deiner Erfahrung?

Je länger ich Zazen praktiziere und je länger ich die Unterweisung Buddhas studiere, um so mehr bemerke ich, dass sie einer anderen Religion nahe ist, die ich ein wenig kenne, dem Christentum, der Unterweisung Christi. Ich spreche nicht von der Kirche und ihrem System, sondern von der Essenz der Unterweisung Christi, nicht von dem, was man daraus gemacht hat. Die anderen Religionen kenne ich weniger gut. Aber wenn ich in Kontakten mit religiösen Moslems oder Juden meine Erfahrung des Zen zum Ausdruck brachte, haben diese häufig gesagt, dass meine Erfahrung gut etwas Grundlegendem in ihrer eigenen Religion entspricht. Das hat mir den Eindruck vermittelt, dass es im Grunde eine spirituelle Gemeinschaft all der Menschen gibt, die ihre Religion praktizieren. Kompliziert wird es, wenn man versucht, die Dinge mit Konzepten zu erklären, Kategorien schafft und jeder sich an seine Kategorien klammert. Theologische Diskussionen werden bezogen auf bestimmte Kategorien geführt. Aber für Menschen, die wirklich in einer tiefen Praxis ihrer Religion engagiert sind, zählen nicht die Kategorien, sondern nur die Quelle selbst, und ich glaube, dass sie für alle die gleiche ist.

Was meine eigene Erfahrung angeht: Für mich ist die Erfahrung meiner Anfänge in Zazen wesentlich, das erste Zazen, in dem ich diese Wahrnehmung hatte. All das, was ich jetzt unterweise, 32 Jahre später, ist die Entfaltung dessen, was ich während des ersten Zazen empfunden habe. Alles, was ich eben im Kusen gesagt habe, ist selbstverständlich die Unterweisung Buddhas. Aber das war wirklich auch mein Schock, meine starke Erfahrung in meinem ersten Zazen. Ich fühle keinen Unterschied zwischen beiden. Je mehr ich die Unterweisung Shakyamunis, die Unterweisung Dogens studiere und das sehe, was ich gelebt habe, desto stärker habe ich den Eindruck, dass es genau das Gleiche ist. Es ist die Erfahrung, völligen Einsseins. Aber ich kann nicht einmal “Einssein“ sagen, denn ich habe nicht “Einssein“ gedacht. Das heißt, man braucht wirklich nichts anderes, nur sitzen. Alles ist da.

Ich war jemand, der verzweifelt auf der Suche war, immer wieder andere Erfahrungen suchte, andere Dinge, den Sinn des Lebens. Es war fast wie eine Karikatur: Mein Leben war jeden Tag angespannt, immer wieder woanders hin. Über ein Jahr lang nahm ich jeden Morgen meinen Rucksack und ging los, um etwas anderes zu sehen. Es ist ein bisschen so, als ob ich die Illusion, dass es woanders als hier und jetzt etwas gibt, das besser ist, und das dem Leben einen Sinn geben kann, bis zum Extrem getrieben hätte. Ich habe das während vierzehn Monaten intensiv gelebt. Es hat mich zum Schluss in einen Zustand der totalen Hoffnungslosigkeit geführt, beinahe zu einem Verrücktwerden aufgrund dieses Leidens.

Die Erfahrung, mich in Zazen zu setzen, war eine völlige Umwälzung, eine Revolution. Ich glaube, dass ich seit dieser Zeit ein großes Vertrauen in die Praxis habe. Meine anschließende Begegnung mit Meister Deshimaru, mein Studium von Dogen, der Sutren und all das ist ein bisschen wie ein Kommentar zu meiner eigenen Erfahrungen, Kommentar und Entfaltung selbstverständlich. Denn in dem Moment, in dem ich das erlebt habe, habe ich nicht an all die Konsequenzen gedacht, die eine solche Erfahrungen für das Leben haben kann. Die Unterweisungen der Meister helfen mir, die Reichweite dieser spirituellen Revolution – der Praxis von Shikantaza - besser zu verstehen. Das konnte ich mir damals nicht vorstellen.

Was ich gesagt habe, scheint ein wenig idealistisch. Ich möchte also eine Korrektur anbringen: Ich denke nicht, dass alle die gleichen Erfahrungen machen müssen wie ich. Es war mein Karma, wenn man das sagen kann, meine Bedingtheit in jenem Augenblick. Nicht jeder erreicht dieses Stadium der Hoffnungslosigkeit. In der Geschichte des Zen sind Schüler von ihrem eigenen Meister in diese Hoffnungslosigkeit getrieben worden. Besonders im Rinzai-Zen hat man sie unter Druck gesetzt, den Kopf unter Wasser gedrückt, um an diesen Punkt zu gelangen, um plötzlich diese Revolution zu durchleben. Das ist vor allem die Praxis der Koans. Sie bedeutet wirklich auf den Grund des Grundes zu gehen, dorthin, wo man nichts erfassen, nichts verstehen kann. Der Meister schafft eine künstliche Hoffnungslosigkeit, er provoziert diese Situation. In meinem Fall war es das Leben selbst, das sie provoziert hat, das Genjo Koan, das Koan des Lebens selbst. Das war keine Erziehung.

Ich spreche nicht gerne darüber, außer, wenn man mich direkt dazu befragt, weil die Gefahr besteht, dass es anschließend ein Modell für die Schüler wird: ‚Ich habe nie das gleiche erlebt. Vielleicht ist meine Praxis nicht richtig, weil sie nicht dem ähnelt, was Roland von seiner Erfahrung erzählt hat.’ Die Wege sind sehr unterschiedlich. Die psychologischen Bedingungen, das Karma eines jeden, ist unterschiedlich, also werden nicht alle die gleichen Erfahrungen durchlaufen. Man darf das nicht als ein Modell ansehen. Man darf nicht betrübt sein, wenn man nicht die gleichen Erfahrungen macht. Die Form, der emotionale Charakter, die Umstände, die Kraft der Erfahrung kann für jeden unterschiedlich sein. Aber der Grund, der Kern, ist wirklich gleich, nicht nur im Zen, sondern für alle Religionen.

Kontakt   Juristischer Hinweis