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Fragen und Antworten

 

KRANKHEIT

 

Ich würde gerne wissen, was du als Buddhist über Krankheiten denkst. In der Bibel sind sie ein Zeichen dafür, dass der Mensch gesündigt hat und Gott ihn straft. Heutzutage sagen Psychoanalytiker oder Psychotherapeuten, dass eine Krankheit aufgrund innerer Konflikte oder falscher Einstellungen entsteht.

Ich glaube, dass Krankheiten Ergebnis von mehreren, komplexen Ursachen sind, so dass man nicht sagen kann, dass es eine Ursache gibt und die Krankheit ihr Ergebnis. Es gibt eine Menge Faktoren, die eine Krankheit auslösen. Das beginnt mit dem genetischen Faktor: Wie gut kann der Organismus sich verteidigen? Der genetische Teil wird von den Eltern vererbt, den gab es bereits vor unserer Geburt. Ein anderer Teil hängt von der Umgebung ab. Manche Krankheiten sind ansteckend, andere Krankheiten sind an das Karma gebunden. Es gibt psychosomatische Krankheiten. Aber das Karma oder ein psychosomatischer Konflikt löst nicht automatisch eine Krankheit bei allen Menschen aus, die das gleiche Karma oder den gleichen Konflikt haben. Das ist der Beweis dafür, dass es nicht eine Ursache gibt, sondern es komplex ist.

Wenn man krank wird, ist es gut sich zu fragen, welche Verantwortung man daran trägt, sich zu bemühen, die Ursachen seiner eigenen Krankheit, die man verstehen kann, zu ergründen. Selbst wenn unser Karma, unsere Psyche nicht der hauptsächliche Grund sind, können sie krankheitsfördernd wirken. Zum Beispiel gibt es Menschen, die ständig gestresst sind, weil sie voller Wünsche, voller Ehrgeiz sind, weil sie heftige psychische Konflikte haben, die sie nicht lösen können. Bei ihnen ist klar, dass der Stress ihr Immunsystem schwächt. Sie werden folglich eher anfällig für Umweltfaktoren als Menschen, die innerlich stabil sind. - Man sieht das ständig. Zum Beispiel werden bei einer Grippeepidemie drei Millionen Menschen krank. Andere, stecken sich nicht an. Wenn jemand die Grippe bekommt, kann man sagen, dass er sich in einem schwachen Zustand befindet. Das kann mit seiner Lebens- oder Denkweise zusammenhängen und natürlich auch mit seiner genetischen Veranlagung.

Es ist gut, dem nachzugehen, aber nicht zu sehr, weil man nie eine Ursache erfassen kann. Ich denke, es ist wichtiger zu sehen, was man mit der Krankheit macht, wenn sie ausbricht. Wie reagiert man auf die Krankheit? - Es wäre gefährlich, Schuldgefühle zu bekommen: ‚Ach, jetzt bin ich krank, das ist meine Schuld.’ Die biblische wie auch die analytische Sichtweise neigt dazu, die Menschen zu beschuldigen: Es ist nicht gut, wenn sie krank sind. Das liegt an ihrem schlechten Karma oder sie haben schlimme innere Konflikte, die sie nicht gelöst haben. Die Menschen bekommen dann Schuldgefühle, die die Krankheit noch verschlimmern. Das sollte man vermeiden, denke ich.

Wenn man krank ist, sollte man sich einfach darauf konzentrieren gesund zu werden, entsprechende Heilmittel verwenden und versuchen, hier und jetzt ein richtiges Leben zu führen. Es nützt überhaupt nichts zu bedauern: ‚O je, ich habe in der Vergangenheit Fehler gemacht.’ Von hier und jetzt an versuchen seine Lebensweise zu ändern, um heiterer zu sein, die Ursachen von Stress zu vermeiden, die den Organismus ermüden und schwächen, und versuchen von jetzt an zum Normalzustand zurückzukehren. Dafür ist es nicht nötig, die Ursachen-Kette in die Vergangenheit zurück zu verfolgen, denn sie ist unendlich. Was kann ich hier und jetzt tun, um meine Lebensweise zu ändern, um wieder ein Gleichgewicht zu finden? Und gleichzeitig die verfügbaren medizinischen Mittel nutzen.

Und auch die Krankheit als Gelegenheit betrachten, um den Weg zu praktizieren. Da die Krankheit etwas ist, das man nicht vermeiden konnte - jetzt ist sie präsent, jetzt ist sie da: Wie werde ich mit dieser Krankheit leben? - Das ist der Weg, das ist die Art, den Weg zu leben, sich der Wirklichkeit zu stellen. Die Praxis des Weges ist nichts anderes als sich in jedem Augenblick der Wirklichkeit zu stellen. So ist die Krankheit ein Koan, eine Gelegenheit zu praktizieren, akzeptieren zu praktizieren. Wenn man krank ist, muss man akzeptieren, dass man krank ist. Es nützt nichts, ewig zu bedauern, dass man seine Gesundheit verloren hat. Die Krankheit zwingt einen dazu, etwas loszulassen, das irreal geworden ist, also die Gesundheit. Dieses Loslassen ist eine Gelegenheit für das Satori: Mein Ego möchte gesund sein, aber es ist krank, was macht es also? Akzeptiert es, krank zu sein oder weigert es sich?

Bist du gesund oder bist du krank?

War das jetzt eine theoretische Frage oder hast du eine schlimme Krankheit?

Ich selber nicht.

Also jemand aus deiner Umgebung. Wie reagiert diese Person darauf?

Warum hast du mir diese Frage gestellt? Es könnte eine sehr theoretische Frage sein, über die man in einer Gesprächsrunde stundenlang diskutiert. Warum stellst du diese Frage?

Weil in meinem Freundeskreis viele Menschen krank geworden sind oder Unfälle hatten. Ich frage mich, warum manche Menschen krank werden und andere nicht.

Meine Antwort ist, dass man keine einzelne Ursache bestimmen kann. Es ist zu komplex. Noch einmal: Es gibt karmische Ursachen und andere Ursachen, die auch wichtig sind, wie ich schon erwähnt habe.

Nicht alles ist Karma. Das ist ein wichtiger Punkt, den Buddha betont hat. Es gibt Buddhisten, die glauben Buddhist zu sein, weil sie sagen, dass alles Karma ist. 'Dir geht’s nicht gut? - Das liegt an deinem Karma, das musst du verstehen.’ Wenn die Leute dies hören, bekommen sie Schuldgefühle. Aber nicht alles ist Karma. Buddha selbst hat gesagt: „Es gibt Krankheiten, die mit dem Klima, der Umgebung, der Biologie zusammenhängen.“ Nicht alles hängt vom Karma oder der Psychologie ab. Natürlich spielen Karma und Psychologie eine Rolle und das ist ein Bereich, bei dem man selber handeln kann: Man kann eine Epidemie nicht verhindern, sein Erbgut nicht verändern, aber man kann die Art ändern, wie man auf Begebenheiten reagiert.

Es bringt überhaupt nichts, Menschen, die krank geworden sind oder einen Unfall hatten, zu sagen: „Du musst dein Karma verstehen.“ Wichtiger ist es, ihnen zu zeigen, wie man von jetzt an mit der Krankheit so gut wie möglich lebt und wie man dieses Unglück in eine Gelegenheit umwandelt zu erwachen.

Es gibt viele Berichte von Menschen, die schwer krank waren, und sagen, dass sich ihr Leben völlig zum Guten hin verändert hat. Nicht weil sie lange Zeit die ursprünglichen Ursachen ihrer Krankheit oder ihres Unfalls analysiert haben, sondern weil sie ihr Leben von diesem Moment an geändert haben. Für viele Menschen zum Beispiel bedeutet gelähmt zu sein, dass das Leben keinen Sinn mehr macht, dass es besser wäre, nicht mehr zu leben, dass es besser wäre zu sterben. Dabei gibt es Menschen, die von dem Moment ab, an dem sie gelähmt waren und sich nicht mehr bewegen konnten, viel sensibler für viele Dinge wurden, die sie vorher nicht wahrgenommen hatten. Sie haben eine stärkere Fähigkeit zum Kontakt mit anderen entwickelt. Manche Menschen äußern, dass sie nach dem Unfall glücklicher sind als vorher. Nicht weil sie die Unfallursache untersucht haben, sondern weil sie die Lebensumstände genutzt haben, um ihr Leben, ihre Lebensweise zu ändern.

Das muss man bei dir oder bei denjenigen aus deiner Umgebung, die krank sind oder einen Unfall hatten, hervorheben: Was macht ihr jetzt damit? Was macht ihr von jetzt an?

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In Ihrem Buch Zen-Mönch in Europa, schreiben Sie in dem Kapitel über das Leiden und das Ego, dass eine körperliche Krankheit häufig ein Alarmzeichen sein kann, dass die Integrität des Körpers bedroht ist. Das habe ich nicht ganz verstanden. Was ist diese Integrität des Körpers und wie gerät sie in Gefahr?

Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. (Lachen) Es ist sechs Jahre her, ich habe es ein bisschen vergessen. Da muss man den Kontext sehen, in dem ich das gesagt habe. Ich ziehe es vor, dir jetzt zu antworten, wenn du diesbezüglich eine Frage hast. Was für eine Frage hast du jetzt bezüglich der Krankheit oder der Integrität des Körpers? Weshalb betrifft dich das? Weshalb hast du gerade diesen Satz aus dem Buch im Kopf behalten? Was ist dein Problem jetzt?

Krankheiten zu verstehen.

Krankheiten haben viele Ursachen. Immer mehr erkennt man, dass Krankheiten psychosomatische Ursachen haben. Unser Immunsystem hängt sehr stark von unserem Geisteszustand ab. Zum Beispiel verringern zu viele negative Emotionen oder Stress das Abwehrsystem des Körpers. Dass man nicht trauern kann, dass man Konflikte nicht verdauen kann, führt nach einiger Zeit zu Krankheiten. Also ist es besser, seinen Geist zu verstehen, bevor man krank wird. Wenn man krank wird, ist es der letzte Extremfall, das heißt der Körper erträgt den Konflikt nicht mehr. Weisheit besteht darin, durch die Praxis von Zazen zu sehen, was passiert, und sich zu bemühen mit Weisheit die Konflikte zu lösen, denen man begegnet. Und mit Mitgefühl, für sich selbst und für die anderen, und zu vermeiden, dass es eine Tragödie wird. Letztlich ist es der Körper, der darunter leidet.

Aber das ist nur ein Aspekt der Dinge. Unser Körper ist nicht unsterblich. Wie sehr man sich auch um ihn kümmert, welche Weisheit man auch in seinen Lebensumständen verwendet, dieser Körper ist unter einer bestimmten Anzahl von Umständen geboren worden und wird auch wieder verschwinden. Die wichtigste Unterweisung bezüglich der Krankheiten und der körperlichen Integrität ist, sich bewusst zu werden, dass das Leben schnell vergeht und man, selbst wenn man eine gute Gesundheit hat, sehr schnell altert. Wie also jeden Tag, jeden Augenblick des Lebens nutzen, um diese kostbare Zeit des begrenzten Lebens nicht zu verschwenden? Das ist aus meiner Sicht das wichtigste.

So gibt es Menschen für die eine Krankheit ein Satori, eine Offenbarung, war. Sie rannten allen möglichen überflüssigen Bedürfnissen hinterher, und auf einen Schlag wurden sie krank und sagten sich: „Ich habe nicht mehr lange zu leben. Was ist also wirklich wichtig?“ Da kann eine Krankheit eine große Unterweisung werden. Man kann krank sein, und auf eine bestimmte Weise spirituell geheilt sterben. Es gibt Leute, die physisch krank sind, denen es aber im Kopf besser geht als anderen, die physisch gesund sind. Es hängt davon ab, was wir mit dem machen, was uns geschieht. Das ist Zen-Praxis. Man kann das, was uns passiert, nicht vollständig meistern. Es gibt zu viele Abhängigkeitsbeziehungen in der Welt. Wir wissen nicht, was uns von einem Augenblick auf den nächsten geschehen kann. Aber, wie reagieren wir dem gegenüber, was uns in jedem Augenblick passiert? Das ist die Praxis von Zazen. Insbesondere in dem Fall von Krankheiten.

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