BuddhaWeg-Sangha

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Fragen und Antworten

 

GOTT

 

Manchmal wird versucht, den Gottesbegriff in die buddhistische Lehre einzubringen. Es wird dann behauptet, dass das Erwachen oder das Nirvana die Gotteserfahrung sei, bzw. das Nirvana der Urgrund des Seins wäre. Was ist deine Meinung dazu?

Die Schwierigkeit ist, dass jeder eine andere Sichtweise von Gott hat. Was meint man, wenn man von Gott spricht? Die Menschen haben sehr unterschiedliche Vorstellungen von Gott. Könntest du mir jetzt antworten, wenn ich dich frage, was Gott für dich ist?

Unter Gott würde ich mir eine unvergängliche, aus sich selbst heraus bestehende Realität vorstellen, die außerhalb der wahrnehmbaren Phänomene ist.

Das heißt man kann nichts darüber sagen. Hast du ihn erfahren können? Ist er dir begegnet?

Nein.

Er ist also nur eine Vorstellung von dir. Was man Satori, Erwachen oder Nirvana nennt, ist keine Vorstellung. Es ist eine Erfahrung, eine Seinsweise.

Ich glaube, dass es aufgrund der unterschiedlichen Bedeutungen, die das Wort „Gott“ für viele Menschen hat, sehr schwierig ist, auf derartige Fragen zu antworten. Ich selber benutze den Begriff „Gott“ sehr selten. Ich kenne Gott nicht, er ist mir nicht begegnet. Und die Existenz Gottes beschäftigt mich nicht sehr.

Aber ich verneine die Existenz Gottes nicht. Was mich ihm am ehesten annähert, ist die Dimension der menschlichen Existenz, die jenseits von unserem kleinen Ego erlebt wird. Anders gesagt ist es das, was im Menschen die sogenannte Buddha-Natur bildet, die Tatsache, dass man mit allen Wesen an einem Dasein teilnimmt. Diese Gemeinschaft aller Wesen, die jenseits von meinem kleinen Ego ist, an der mein Ego aber teilnimmt und die im Grunde seine wahre Natur ist. Das ist in etwa die Vorstellung, die ich mir von Gott mache. Für mich ist dann eben Gott und Buddha-Natur dasselbe.

Aber die Menschen in diesem Raum, die meine Erklärung hören, haben bestimmt andere Vorstel-lungen von Gott. Als man Meister Deshimaru derartige Fragen stellte, sagte er immer: „Ganz wie ihr wollt, es hängt von euch ab.“ Es hängt von eurer Sichtweise von Gott ab. Wenn du deine Buddha-Natur erfährst und tiefe Erfahrungen im Zen machst, dann ist es für dich vielleicht genauso. Andere würden sagen: „Nein, das ist nicht möglich. Gott ist völlig darüber hinaus, völlig jenseits. Man kann ihn nicht erfahren.“ Es wäre sogar ein Sakrileg zu glauben, dass man gottähnlich sein könnte. Diese Menschen machen eine klare Trennung zwischen dem menschlichen Wesen und dem Schöpfergott. Zwei Wirklichkeiten, die man nicht mischen darf. Ich glaube, das ist die Haltung der katholischen Kirche. Gott als ganz anders. Sie misstraut Meditationstechniken, in denen man derartige religiöse Erfahrungen machen kann und folglich die Buddha-Natur mit einer Gottes-erfahrung gleichsetzt.

Warum ist diese Frage wichtig für dich? Warum stellst du sie?

In der buddhistischen Lehre wird gesagt, dass man alles nur durch die fünf Skandhas erfahren kann. Das widerspricht für mich der Behauptung, dass es noch etwas außerhalb der erfahrbaren Realität geben könnte.

Shakyamuni Buddha hatte ein Gespräch mit einem jungen Brahmanen. Dieser Brahmane glaubte an Brahma als letzte gültige Wirklichkeit. Buddha befragte ihn, um mehr über seinen Glauben zu erfahren: „Was weißt du darüber, was hast du erfahren?“ Als Schlussfolgerung kam heraus, dass der junge Mann nur Vorstellungen hatte, aber keinerlei Erfahrungen gemacht hatte.

Buddha versuchte nicht, Menschen in ihren Glaubensvorstellungen zu entmutigen. Er hat Glaubens-vorstellungen respektiert, so wie ich auch. Aber sie sind nicht das, was mich interessiert. Ich möchte mich nicht in meinem Leben auf Glaubensvorstellungen konzentrieren. Mich interessiert, die tiefste Dimension der Existenz zu erfahren, die es mir ermöglicht, mit der Wirklichkeit in Harmonie zu leben, und so den Wesen helfen zu können, zu dieser Wirklichkeit zu erwachen, damit sie einen tieferen Sinn in ihrem Leben finden und mit Werten in Berührung kommen, die sie in ihren Handlungen leiten können. Mich interessiert eher eine religiöse Praxis für das Leben und keine metaphysische Glaubensvorstellung. Deswegen interessiert mich die Frage nach Gott nicht so sehr. Es war der Glaube meiner Kindheit, aber heute interessiert er mich nicht mehr.

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Ich bin davon überzeugt, im Zazen einen agnostischen spirituellen Weg gefunden zu haben. Ich habe aber den Eindruck, ab und zu werden Buddha und Gott gleichgesetzt.

Manchmal benutzte Meister Deshimaru den gleichen Begriff. Er sagte „Gott oder Buddha“. Im Zen hat man einen weiten Geist. Der Buddha-Geist ist sehr weit, er umfaßt Gott. Gläubige Christen haben oft Schwierigkeiten, Buddha zu umfassen. Im Zen ist man nicht exklusiv. Meister Deshimaru sagte oft: „Wenn ihr Zazen macht, werdet ihr Gott, werdet ihr Buddha.“ Damit wollte er zum Ausdruck bringen, daß man die höchste Dimension der menschlichen Existenz realisiert, die Dimension jenseits menschlicher Begriffe. Das widerspricht nicht deinem agnostischen Geist, denn er sagte nicht, was Gott oder Buddha sei. Man kann nicht sagen, was Gott oder Buddha ist: Wenn Gott oder Buddha Konzepte werden, sind sie nicht mehr Gott oder Buddha. Was man sagen kann, ist, daß sie das Nicht-Greifbare, das Nicht-Kennbare sind.

Buddha hat Gott nicht negiert. Er hat nur gesagt, daß man auf Fragen nach Gott und der Schöpfung nicht antworten kann. Deshalb wollte er diesbezüglich nicht unterweisen. Aber er unterwies eine Praxis, die Praxis von Zazen. Diese Zazen-Praxis öffnet unseren Geist für eine Dimension des Lebens, die vollständig jenseits unseres kleinen Egos liegt. Gläubige nennen das oft Gott.


Um gläubigen Christen zu zeigen, daß Zazen nicht im Widerspruch zu ihrem Glauben steht, sondern es ihnen ermöglicht, ihn tiefer zu erfahren, verknüpfte Meister Deshimaru oft die Begriffe Gott und Buddha, wenn es um die Zazen-Praxis ging, ohne damit diesbezügliche Konzepte zu schaffen. Er ging immer zur Erfahrung hier und jetzt zurück.

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Ich habe begonnen, mich für das Herzsutra zu interessieren. Es ist ein interessantes Sutra, weil es eine Zusammenfassung buddhistischer Weisheit enthält. Es gibt insbesondere den Begriff ‚Ku’, Leerheit, als tiefste Wirklichkeit. Die monotheistische Religionen stellen an die Stelle der tiefsten Wahrheit die Existenz Gottes. Bis zu welchem Punkt kann man eine Beziehung zwischen Gott und der Leerheit herstellen?

Die Beziehung ist offenkundig. Gott ist nichts, das man erfassen kann, weil er jenseits jeden menschlichen Gedanken ist. Jedes Mal, wenn die Theologie einen Versuch unternommen hat, Gott zu definieren, hat sie ihn nur reduziert. Mit unserem Geist schrumpfen wir Gott ein. Wir wollen, dass er in unsere Kategorien passt, während er in Wirklichkeit genau das ist, was jenseits jeden Gedankens ist. Im Buddhismus nennt man das Leerheit. Um uns davon zu lösen, das zu erfassen, was es ist, und das Geheimnis zu bewahren, den nicht fassbaren Charakter, völlig jenseits unserer mentalen Kategorien. Das ist auch der Grund dafür, warum eine ganze Reihe kontemplativer Christen Zazen praktizieren. Zazen ist die Praxis, die es ihnen ermöglicht, besser in Vertrautheit mit diesem Gott zu sein, der nicht fassbar ist.

Leerheit also ein anderer Name für Gott?

Ja, wenn du möchtest. - Ich denke so. Aber natürlich haben die Menschen unterschiedliche Ideen von Gott. Die Moslems, insbesondere die Sufis, haben von 99 Namen Gottes gesprochen. Jeder hat seine Sicht und seine Vorstellung von Gott. Daher kann man ihn auf völlig unterschiedliche Weise benennen. Aber es gibt einen Namen, den man nicht aussprechen kann, und um zu vermeiden, diesen Namen auszusprechen, spricht man von Leerheit.


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