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GLEICHMUT
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Ich habe Schwierigkeiten, Gleichmut
zu verstehen. Wenn gute Dinge passieren in meinem Leben, dann weiß
ich, dass sie vorbeigehen. Aber Gleichmut klingt für mich so, als
ob ich nicht mehr richtige Freude empfinden darf. Habe ich das richtig
verstanden?
Erst einmal handelt es sich um den Geisteszustand während Zazen. Über den Alltag rede ich später. Zazen ist eine Praxis, in der man lernt, nicht übermäßig auf das zu reagieren, was geschieht. Man versucht nicht, die auftauchenden Phänomene zu unterdrücken, man ist sich ihrer im Gegenteil völlig bewusst. Es gibt immer angenehme und unangenehme Phänomene, daher unterdrückt man auch weder die Freude über angenehme Dingen noch das Missfallen unangenehmen Dingen gegenüber. Aber man klammert sich nicht daran. Wenn wir uns daran klammern, erzeugen wir auf jeden Fall Leiden. Wenn wir uns an etwas Angenehmes klammern, fürchten wir, es zu verlieren. Das Unangenehme zu verabscheuen ist auch eine Form der Anhaftung, die Anhaftung, etwas hassen und ausschließen zu wollen. Damit fügt man noch Schmerz hinzu. In Zazen lernt man, den Frieden des Geistes inmitten der Phänomene zu finden, egal von welcher Art sie sind. Dies bedeutet nicht, dass Gleichmut einen im täglichen Leben daran hindert, Freude oder Kummer zu empfinden, aber man vermeidet, sich zu sehr daran zu klammern. Man ist fröhlich und verspürt Freude, man empfindet auch Trauer und Kummer, aber man dramatisiert nichts. Im Englischen spricht man von ‚overreacting’. Wir reagieren nicht zu heftig. Wir empfangen einfach, was ist, ohne unsere eigenen Reaktionen zu übertreiben. Das heißt nicht, dass man gegenüber dem, was passiert, gleichgültig ist. Ich habe Meister Deshimaru im Alltag beobachtet. Manchmal war er fröhlich, zufrieden und freute sich, manchmal war er traurig und unglücklich. Aber seine Empfindungen waren nie übertrieben, er konnte schnell seinen Geist ändern. Wir dagegen neigen dazu, auf unseren Emotionen stehen zu bleiben, und dann wandeln sie sich in Gift um. In der ganzen Unterweisung Buddhas geht es darum, zu lernen, frei von seinen Emotionen zu sein. Das heißt nicht, sie zu unterdrücken sondern einfach frei von ihnen zu sein und schnell wieder einen gleichmütigen Geist zu erlangen, der bereit ist, Neues zu empfangen. Ansonsten ist man Gefangener seiner Emotionen und kann nichts anderes mehr wahrnehmen. Das gleiche gilt für die Gedanken. Wenn wir uns an einen Gedanken klammern, ist der Geist beschäftigt und nicht mehr frei, neue Gedanken zu empfangen. Die Zazen-Unterweisung ist - wie der Buchtitel von Suzuki - immer wieder einen neuen, frischen und verfügbaren Geist finden. Das bedeutet, weder in Gedanken, noch in Emotionen oder in irgendeinem anderen Phänomen zu stagnieren. Aber etwas wirklich genießen heißt doch nicht, dass man sich daran klammert und dass es sich nicht mehr ändert. Nein, es kann eine Anhaftung zur Folge haben, aber nicht unbedingt. Ich bin eher der Meinung, wenn eine Emotion hochkommt, ist es besser, sie völlig zu erfahren. Das betrifft besonders die Trauer. Wenn man nicht in der Lage ist, tiefe Trauer zu empfinden, weil man zum Beispiel ein geliebtes Wesen verloren hat, neigt man lange dazu, in einer Art Traurigkeit gefangen zu sein, die nicht völlig hat ausbrechen können. Deshalb ist es besser, einmal richtig traurig zu sein. Das Gleiche gilt für die Freude. Menschen, die nie wirklich Freude empfinden können, suchen immer wieder nach ihr und sind unzufrieden. Aber wenn man sich einen Moment lang wirklich freuen kann, kann man es auch wieder vorbeiziehen lassen. Zen bedeutet, wirklich in Kontakt mit dem zu leben, was passiert, so dass man nicht Gefangener eines Phänomens bleibt. Die Haltung des gewöhnlichen Egos ist eher, auf einem Phänomen zu stagnieren. Es will seinen Schmerz nicht vergessen, will aber auch nicht seine Freude, sein Vergnügen aufgeben. Es will, dass es weiter und weiter andauert. Und am Ende fürchtet das Ego, dass es wieder verschwindet. Gleichmut bedeutet also, dass man alles erfahren kann, solange man nicht daran anhaftet? Ja, das gilt für das tägliche Leben. Aber Gleichmut bedeutet in der Zazen-Praxis noch mehr: nicht übertrieben zu reagieren. Das, was passiert, schnell spüren und erkennen, ausatmen und vorbeiziehen lassen.
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