BuddhaWeg-Sangha

Mitglied der Association Bouddhiste Zen d'Europe

Mitglied der Deutschen Buddhistischen Union

 

 

zurück zu

Fragen und Antworten

 

GLAUBE

 

Was ist Glaube im Zen?

Im Zen gibt es keinen Glauben, man spricht von Vertrauen. Das Merkmal von Zen ist die eigene Erfahrung. Es geht nicht darum, einfach zu glauben, was die anderen sagen oder lehren. Selbst Buddha wollte nicht, dass seine Schüler einfach nur glaubten. Er bot ihnen einen Weg an, eine Praxis, und hat die Menschen eingeladen, selbst zu erfahren. Ich lehre Zazen genau so. Wenn ich z.B. sage: „Zazen selbst ist Realisation“, ihr dies aber nicht erfahren habt oder nur denkt: „Das sagt Roland und nicht nur er, sondern auch Deshimaru und Dogen, also muss es wohl wahr sein“, dann handelt es sich um Glauben. Aber das reicht nicht. Es hilft euch vielleicht, eure Praxis zu vertiefen und anzuregen. Zen wird nicht dadurch realisiert, dass ihr glaubt „Zazen ist Realisation“, sondern dadurch, dass ihr es erfahrt.

'Erfahren’ heißt eins werden mit, eins mit dem Dharma, eins mit der Unterweisung, eins mit der Wahrheit, nicht weil man einen Gedanken übernommen hat, den eine Autorität, der man vertraut, einem beigebracht hat, sondern weil man es realisiert hat. Diese Realisation ist natürlich nicht augenblicklich. Am Anfang braucht man ein bisschen Glaiben, Vertrauen in die Unterweisung. Wenn Menschen, die noch nie praktiziert haben, einen Vortrag über Zen hören, in dem man ihnen erklärt, dass man sich durch die Zazen-Praxis selbst kennen lernen, sich selbst vergessen und freier werden kann, dann finden sie es interessant und werden es ausprobieren. Aber Zen wird nur realisiert, wenn die Leute sich selbst durch ihre Praxis kennen lernen und sich selbst vergessen und zur Wirklichkeit erwachen. Einfach nur zu glauben, weil man etwas gehört hat, ist kein Zen. Aber wenn man es realisiert hat, handelt es sich nicht mehr um Glaube, sondern um Vertrauen. Man ist eins mit der Erfahrung, so dass es keinen einzigen Zweifel mehr gibt.

Handelt es sich bei dieser Erfahrung um Atheismus oder um eine Religion?

Ich glaube, es ist eine Religion, in dem Sinn, dass diese Erfahrung uns mit unserer tiefsten Wirklichkeit verbindet. Es ist eine Art innerer Offenbarung. Aber es ist keine Religion in dem Sinn, einfach zu glauben: „Buddha hat es gesagt, also stimmt es.“ Das wäre Religion im allgemeinen Sinn. Buddhismus ist nicht so. Ein wahrer Buddhist, ein wahrer Zen-Schüler, ist nicht damit zufrieden, einfach Sätze zu wiederholen, die er gehört hat, und zu sagen: „Das ist die Wahrheit.“

Häufig beginnen Kusen mit „Dogen sagte“. Jedoch ist es nicht Zen, zu hören oder intellektuell zu verstehen, was Dogen gesagt hat. Zen ist, seine Unterweisung zu erfahren, zu leben und zu sagen: „Ah, ja! Stimmt, er hat recht! Ich spüre dasselbe.“ Das ist Zen.

Was den Atheismus angeht, so hat Zen nicht die Perspektive, an Gott zu glauben oder nicht an Gott zu glauben. Das ist nicht der Sinn der Praxis. Der Sinn der Praxis ist, sich zur Wirklichkeit hier und jetzt zu erwecken. Man kann natürlich sagen, dass die Wahrheit oder die Ralität, zu der man erwacht, Gott ist. Aber das wäre nur ein Etikett, das man auf eine Flasche klebt. Man entscheidet, die Erfahrung, die man gemacht hat, Gott zu nennen. Das kann man tun, aber es ist nicht das Ziel von Zen. Aber Zen verwirft auch nicht die Existenz eines Gottes. Es nimmt nicht Stellung dazu, es ist nicht das Problem von Zen. Die Zazen-Praxis hilft aber vielen Christen, die Unterweisung Christi tiefer zu verstehen, denn sie bringt uns zum Wesentlichen der spirituellen Erfahrung. Deshalb halte ich sie für eine tiefe religiöse Erfahrung. Aber nicht, weil es sich um Glauben handelt, sondern weil es sich um eine tiefe vertraute Erfahrung all dessen handelt, was alle Religionen auszudrücken versuchen, indem sie es Gott oder Buddha nennen. Es gibt verschiedene Namen.

--------

Du hast im Kusen gesagt: „Wenn man die Einheit von Körper und Geist realisiert hat, erscheint der Glaube.“ Warum erscheint dann nicht das Wissen? Soweit ich es verstanden habe, geht es doch in Zazen um die Erfahrung des Wissens. Und Glauben heiß nicht Wissen.

Das ist das Gleiche. Das Problem ist, dass es im Deutschen kein Wort dafür gibt. Im Französischen gibt es croyance und foie, im Deutschen nur Glaube. In der Zen-Praxis ist der Glaube die Erfahrung der Nicht-Zweiheit. In dieser Erfahrung gibt es das Wissen. Das ist kein blinder Glaube. Es geht nicht darum “ich glaube ...“oder “ich habe gehört ...“ oder „der Godo hat von Buddha gesprochen, von der Nicht-Zweiheit, das ist eine schöne Sache,“ nicht darum “ich glaube, ohne irgendetwas zu verstehen, ohne die Erfahrung gemacht zu haben“. Der Glaube ist die Erfahrung, dass alle Zweifel zerstreut sind. Es gibt keinen Gegenstand im Glauben. Er ist die Auflösung der Dualität. Das ist die große Erfahrung von Zazen.

--------

Ich wüsste gern, inwieweit der Glauben an einen Gott oder der Glaube an die Praxis die Praxis effektiver macht und in welchem Umfang das ein Hindernis sein kann.

Zazen und der Glauben an Gott haben gemeinsam, dass man sich dessen bewusst wird, dass man nicht wirklich bedeutend ist, dass unser so genanntes Ego nicht wirklich wichtig ist. Einer der wichtigen Punkte des Zazen ist, die Luft aus seinem Ego herauszulassen. Wenn man an Gott glaubt, ist es ähnlich: Man ist nur ein Geschöpf. Man neigt dazu, sich mit einer gewissen Bescheidenheit Gott gegenüber zu sehen, der uns geschaffen hat. Diejenigen, die wirklich an einen Gott glauben, sind bescheiden und geben sich seinem Willen hin: „Dein Wille geschehe! Amen.“ Das ist ein Geisteszustand, der dem in Zazen ähnlich ist. Der gemeinsame Punkt ist also das Loslassen, die Aufgabe der Anhaftung an das Ego.

In diesem Sinn kann Zazen einem Gläubigen helfen loszulassen. Der Glaube kann auch jemandem helfen, der Zazen praktiziert und den Sinn der Praxis nicht wirklich versteht, bescheidener zu werden. Da kann es zusammenkommen.

Aber es gibt auch Fälle, in denen das nach hinten losgehen kann: Jeder hat eine unterschiedlich Art zu glauben. Wenn man z.B. glaubt, dass Gott allmächtig ist und unser Verhalten unser Heil nicht wirklich beeinflussen kann, geht das in eine Richtung die der Zazen-Praxis völlig entgegengesetzt ist. - Es gibt Menschen, die glauben, dass ihre Werke unnütz sind. Es gibt Protestanten, die sagen, dass es der Glaube an Gott sei, der rettet, nur der Glaube. Es sei Hochmut zu glauben, dass man durch seine Praxis zu seinem eigenen Heil beitragen kann. Nur Gott kann uns retten.

-------

Zazen verlangt meiner Meinung nach viel Pragmatismus und hat eine konkrete Seite. Es ist etwas anderes, an Gott zu glauben, und an eine Praxis zu glauben.

Ja, auf jeden Fall. Im Zen und insbesondere dem Soto-Zen, das Meister Dogen empfohlen hat, geht es nicht darum, an einen Buddha zu glauben, der uns retten will, an einen Gott, der übernatürliche Macht hat, der uns retten will. Es ist das Vertrauen in die Praxis, Vertrauen in die Unterweisung. Das ist nichts Transzendentes. Das ist etwas, was man selbst realisieren kann und was von Meister zu Schüler weitergegeben wurde. Wenn man Vertrauen in diese Unterweisung hat, dann, um sie zu verwirklichen. Das ist sehr pragmatisch.

Aber das Vertrauen ist dennoch wichtig, weil man, bevor man die wohltätigen und befreienden Auswirkungen der Praxis spürt, motiviert sein und praktizieren muss. Also ist das Element des Vertrauens wichtig.

Es gibt Leute, die beginnen mit einem Sesshin, haben nur Schmerzen und nicht den Eindruck, ein großes Erwachen zu haben. Aber sie machen weiter, weil sie Vertrauen in die Praxis haben. Warum haben sie Vertrauen in diese Praxis? - Weil trotz ihrer Schmerzen, ihrer Schwierigkeiten, in ihrer Praxis ein Kontakt mit der tiefen Dimension unserer Existenz hergestellt worden ist.

Das ist die tiefe Wirklichkeit unserer Existenz, die Grundlage unserer Existenz. Selbst wenn man nur flüchtig in Berührung mit ihr kommt, reicht das, das Vertrauen, das man in die Praxis hat, zu nähren. Anschließend wünscht man, es zu vertiefen und sich immer mehr mit dieser Intuition zu harmonisieren. Das wird der Motor unseres Lebens. In dem Augenblick ergänzen sich Vertrauen und Praxis. Auf jeden Fall ist es nie blindes Vertrauen.

--------

Wie wichtig ist es an die Praxis zu glauben, wenn wir Zazen praktizieren?

Das ist sehr wichtig, aber es reicht nicht: Man muss auch praktizieren. Glauben allein reicht nicht, sonst würde die Zazen-Praxis mit einem Placebo-Effekt funktionieren: Man glaubt z.B., dass man Buddha ist, und ist dann Buddha. Meister Dogen nannte es eine Häresie, einer Glaubensvorstellung anzuhängen, z.B. der, dass wir alle die Buddhanatur haben, und zu meinen, das reiche, um Buddha zu sein.

Der Glaube ist wichtig, um unsere Energie freizusetzen, um zu praktizieren. Aber danach ist es die Praxis, die uns leitet. Das ist dann jenseits des Glaubens. Dann verwirklicht sich der Gegenstand unseres Glaubens nicht durch den Glauben allein, sondern durch die Praxis. Der Glaube ist also eine Einführung in die Praxis und die Praxis ist die Realisation des Glaubens.

 

Kontakt   Juristischer Hinweis