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Ich möchte gerne nach dem Sinn der Zeremonien fragen. Helfen sie uns wirklich, durch das große Tor zu kommen? Sind sie Tradition, Folklore, Beiwerk oder Kern? Die Zeremonien sind nicht unverzichtbar. Man könnte auf sie verzichten, denn die Essenz ist Zazen. Wenn man Zazen macht, ist nichts anderes als Zazen erforderlich. Da fragt man sich natürlich, wozu die Zeremonien gut sind. - Die Zeremonien werden der Ausdruck von Zazen. Man macht nicht den ganzen Tag Zazen. Aber nach dem Zazen sofort aufzustehen, hinausgehen und zu sprechen beginnen? Das ist möglich, aber man hat gemerkt, daß es nicht sehr gut ist. Es ist besser, wenn auch nicht unbedingt nötig, in der Fortsetzung von Zazen gemeinsam etwas zu praktizieren, was das ausdrückt, was man gemeinsam im Zazen erfahren hat. Die große Schwierigkeit für Anfänger besteht darin, daß sie den Eindruck haben, es handle sich um eine fernöstliche Folklore, die dem Zazen aufgeklebt worden ist. In Wirklichkeit ist jedoch jeder Aspekt der Zeremonie ein Ausdruck von Zazen, sodaß es keine Trennung, keine Dualität zwischen beidem gibt. Wenn Sie das verstehen, können Sie auch verstehen, daß es keinerlei Dualität zwischen Zazen und dem Rest des täglichen Lebens gibt. Die Zeremonie ist wie ein Bindeglied zwischen der Unbeweglichkeit und dem Schweigen von Zazen und der Handlung, der Bewegung des Alltags. Während der Zeremonie konzentriert man sich auf die Gesten. Zum Beispiel Gassho: Gassho drückt vollkommene Einheit aus, Nicht-Dualität, schon in sich selbst: Die rechte Hand repräsentiert das Ego, das Ich. Die rechte Hand ist mit der linken Gehirnhälfte verbunden, und die linke Gehirnhälfte ist die der Sprache, der Begriffe, der Dualität. Sie schafft die Trennung: „Ich und die anderen“, „Ich und die Welt“. So sagt man, daß die rechte Hand das Ego symbolisiert. Die rechte Hand ist auch die, die manipuliert; die die Werkzeuge nimmt; diejenige, durch die der Mensch seinen Zugriff auf die Welt verwirklicht. Die linke Hand hingegen entspricht der rechten Gehirnhälfte und ist nicht die Hand, die ergreift und manipuliert. Somit entspricht sie auch nicht dem dualistischen Geist. Wie Sie vielleicht wissen, nimmt die rechte Gehirnhälfte die Dinge direkt und ganzheitlich wahr, ohne Trennung, intuitiv und unmittelbar. Es ist die Hirnhälfte der Intuition, der Kunst. Die linke Hand wird somit als die spirituelle Hand angesehen. Das sind moderne Erklärungen, traditionell sagt man, die linke Hand ist Buddha, das, was jenseits des Ichs liegt, und die rechte Hand ist das Ich. Die beiden werden beim Gassho Einheit. Wenn man sich verneigt, macht man es mit Respekt und im Geist der Einheit mit den anderen. Diese Geste ist wichtig und wirklich Ausdruck von Zazen; den Respekt für alle Lebewesen auszudrücken, ungeachtet ihrer sozialen Stellung, ihrer Intelligenz, ob es Menschen, Tiere oder auch Pflanzen sind. Der Geist des Gassho ist der Geist des tiefen Respekts für alle Wesen. Die Gewohnheit, Gassho zu praktizieren, beeinflußt
den Geist. Es ist wichtig, diesen Geist des Gassho auch im Alltag zu haben,
den Geist des Respekts für alle Lebensformen. Kodo Sawaki, der Meister
von Meister Deshimaru, sagte oft bezüglich der Hände: „Wenn
ihr die Hand zur Faust schließt, habt ihr automatisch einen kriegerischen,
kämpferischen Geist. Wenn ihr aber spürt, daß in euch
ein kriegerischer, kämpferischer Geist auftaucht, und in diesem Augenblick
Gassho macht, ändert ihr euren Geist völlig und der Geist des
Respekts und des Mitgefühls erscheint.“ Sampai ist das gleiche: Sich niederwerfen, das Vorderhirn, das immer nur projiziert, zur Erde hinunterbringen. Dieses Hirn, das ans Vorher, an die Zukunft denkt, Pläne macht berührt die Erde. Das ist eine Geste, zugleich Bescheidenheit und Aufgabe des Ego darstellt. Und auch den Kontakt mit der Erde. Im spirituellen Bereich meint man immer, daß das Spirituelle sich oben, im Himmel, befindet, weit weg. - Im Zen ist es sehr wichtig, zu lernen, daß Himmel-und-Erde letztlich eine Einheit ist, und daß der Mensch existiert, um beide zu verbinden. Das ist die chinesische Sicht: der Mensch als Verbindung von Himmel und Erde. Selbst wenn man ein starkes spirituelles Streben hat, muß man verstehen, daß die Dimension des Himmels, das, was über unser Ego hinausgeht, uns nicht nur begegnet, wenn wir nach oben hin ausgerichtet sind, sondern genau so oder sogar viel sicherer, wenn man sich zur Erde niederwirft und den Geist aufgibt, der etwas ergreifen will. Diese Niederwerfung im Sampai ist wirklich grundlegend. Meister Deshimaru sagte, daß Religionen, die eine Praxis wie die der Niederwerfung bewahren, wie beispielsweise der Islam - fünf mal täglich -, dank dieser Praxis einen starken Geist bewahren. Das ist sehr wichtig. Während der Zeremonie verbrennt man Räucherwerk. Diese Geste ist die Geste der Gabe, des Fuse. Wenn man einen Tempel oder ein Kloster betritt, geht man zunächst ins Dojo, um Weihrauch darzubringen. Das wird als die höchste Gabe angesehen, ist aber Symbol der Gabe allgemein. Der Godo vollzieht die Gabe von Weihrauch im Namen der ganzen Gemeinschaft. Diese Geste des Gebens ist von größter Wichtigkeit; die Zeremonie drückt dies aus. Natürlich ist die Gabe nicht auf das Verbrennen von Weihrauch beschränkt, sondern es geht darum, in allen Situationen des Lebens diesen Geist des Gebens zu kultivieren. Während der Zeremonie singt man auch, in Harmonie mit der Atmung. Man singt nicht nur mit der Kehle, mit den Lippen, sondern man singt aus dem Bauch heraus; man singt so lang wie möglich, mit tiefer Stimme, vom Hara aus. Diese Arbeit mit Stimme und Atem ist sehr wichtig. Sie erlaubt es, sich viel tiefer zu verwurzeln. Natürlich ist auch der Sinn dessen, was wir singen, wichtig. Es besteht also keine Dualität. Hinsichtlich der Gesten und dem Sinn, der Form und dem Inhalt ist die ganze Zeremonie in Einheit mit Zazen. Ich bin völlig davon überzeugt, daß es wichtig ist, die Zeremonien beizubehalten, selbst wenn sie nicht notwendig sind, denn ich glaube, der Mensch braucht Riten. Ich glaube, daß dies ein ebenso wichtiges Bedürfnis ist wie zu essen, zu arbeiten, mit anderen verbunden zu sein, zu lieben. Es ist ein Bedürfnis, durch den Körper und die Sinne die transzendente Dimension unseres Lebens zu bezeugen. ‘Transzendenz’ bedeutet: über unser kleines Ego hinaus. Es ist eine Dimension, die in uns liegt, in die wir getaucht sind, die aber gleichzeitig ungreifbar ist. Durch die Zeremonie geben wir ihr eine Form. Deshalb ist in allen Klöstern die Basis des Lebens die Meditation, die Arbeit, das Gebet, aber man macht auch Zeremonien - in allen Religionen. Wenn Sie das nicht so empfinden, können Sie auch in der letzten Reihe bleiben und einfach nur Gassho machen und darauf warten, daß es vorbeigeht. Die Zeremonie ist keine Pflicht. ----- Ich habe eine Frage zum Gassho, wenn man das Dojo betritt. Das wird nach meiner Wahrnehmung unterschiedlich gemacht: mit gesenktem Blick oder mit ganz klarem Blick zum Buddha. Wenn man den Kopf oben lässt und den Buddha anguckt, was ist es eigentlich, was man da beim Gassho anguckt? Normalerweise ist man das selbst. Wenn man beim Betreten des Dojos die Buddhastatue grüßt, respektiert man die Buddha-Natur, die in jedem, die in uns selbst ist. Die Geste von Gassho bedeutet, Einheit mit Buddha zu werden, mehr noch: Buddha zu werden, Zazen selbst. Wirklich eins mit Zazen zu sein heißt, Buddha zu sein. Wirklich eins mit Gassho zu sein, heißt Buddha sein. Unsere innere Einheit wieder finden und auch unsere Einheit mit den anderen, dem Dojo, der Umgebung. Das enthält die Geste, ihre Ausführung. Sie bedeutet nicht, sich zu sagen: ‚Ich grüße den Buddha auf dem Altar’, oder die anderen, die Buddha sind, oder ‚Ich respektiere meinen inneren Buddha’. Natürlich stimmt das. Aber das ist nicht der wichtigste Punkt. Der wichtigste Punkt ist, einfach in Gassho zu sein, ohne an Buddha zu denken. Es ist nicht nötig, Buddha anzuschauen. Konzentriert in Gassho zu sein, ist Buddha sein. Natürlich muß man den Blick irgendwo hin wenden, also macht es, wie ihr wollt: Ihr könnt die Buddhastatue anschauen. Das ist nicht schlecht. Ihr könnt auch einfach vor euch hin schauen. Für mich ist es das Gleiche. Wichtig ist, vollkommen eins mit der Geste sein, ohne an Buddha zu denken. Denn sobald man denkt, schafft man eine Trennung: Buddha, der dort ist, und ich, der ich hier bin. Oder man denkt an die Tatsache, dass jeder von uns die Buddha-Natur in sich hat und man die Buddhanatur in sich selbst grüßt. Das ist alles richtig, aber es ist nicht die Weise, es zu realisieren. Realisieren heißt, wirklich Eins zu werden, konkret Körper und Geist. Hat Gassho für dich auch etwas mit Demut zu tun? Ja, natürlich. Aber Demut ist eher Sampai. Das Wort humilité (dt. Demut) stammt etymologisch vom lateinischen „Humus“, Erde. Sampai bedeutet, das zu erniedrigen, was unser Ego symbolisiert; das Vorderhirn, das etwas ergreifen will, bis zur Erde neigen. Also ist Sampai wirklich Demut, zurückweisen, Körper und Geist aufgeben. Gassho ist eher ‚eins werden mit’. Es geht sogar über Demut hinaus, denn Demut impliziert verschiedene Ebenen: Es gibt unten und oben. Man will sich niederwerfen. Das ist gut. Es ist eine gute Praxis, demütig zu werden. Aber Zen geht über Demut hinaus. Zen bedeutet zu realisieren, dass es im Grunde nichts zu erniedrigen gibt, dass es kein darüber, kein darunter gibt. Sampai zu praktizieren hilft, unsere schlechten geistigen Gewohnheiten umzuwandeln. Deshalb machen die Tibeter diese Praxis von Sampai zu einer Vorbereitung, sie müssen 10.000 Niederwerfungen praktizieren. Das ist wirklich eine gute Praxis, um die schlechten Gewohnheiten der Konditionierungen unseres Ego umzuwandeln. Wir haben in den letzten Tagen vom relativen und vom
absoluten Verständnis gesprochen. Aus dem Blickwinkel des relativen
Verständnisses muss man so üben, denn vom relativen Standpunkt
aus beeinflusst unser Ego unser Verhalten und man muss es umwandeln. Aber
die höchste Unterweisung Buddhas ist zu erwachen. Das ist die Wurzel.
Das bedeutet zu verstehen, dass es kein Ego gibt, also auch kein Ego,
das man erniedrigen kann. Es gibt kein oben und unten, nicht all diese
Unterscheidungen der Dualität, es gibt nicht Buddha einerseits und
ich andererseits. Ich glaube, die beste Art, das zu realisieren besteht
darin, nicht auf eine philosophische Art zu meditieren, sondern richtig
zu praktizieren.
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