BuddhaWeg-Sangha

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Fragen und Antworten

 

FRAGEN

 

In den ersten zwei Jahren meiner Praxis habe ich viele Fragen gehabt. Seit einem halben Jahr habe ich keine Fragen mehr. Ist das ein Problem?

Nein, nicht wirklich. - Aber wenn du keine Fragen hast, weil du z.B. glaubst, die Essenz des Zen verstanden zu haben, kann das eine Manifestation von Hochmut und von Täuschung sein. Keine Fragen zu stellen, kann auch heißen, dass man sich einfach mit dogmatischen Antworten zufrieden gibt. Man hat den Buddhismus studiert, Zen studiert, Kusen gehört und gibt sich mit Worten zufrieden. Aber die Worte der Unterweisung müssen in Frage gestellt werden: „Was davon realisiere ich?“ „Was praktiziere ich?“ „Hat das eine lebendige Wirklichkeit für mich, oder sind das einfach nur Begriffe und Vorstellungen?“ Diese Art von Fragen muss man sich stellen. Anders gesagt, man muss sich Fragen stellen, um zu verifizieren, ob man wirklich verstanden hat.

Meister Dogen z.B. hat seinen Schülern geraten, Fragen zu stellen. Er sagte: „Wenn ihr mit einem Meister praktiziert und keine Fragen stellt, versäumt ihr wirklich die Gelegenheit zu erwachen.“ – Buddha hat einmal erklärt, was bewirkt, dass man in der einen oder anderen Welt wiedergeboren wird. Er sagte, in der Tierwelt wiedergeboren zu werden, sei die Konsequenz davon, dass man mit Mönchen Kontakt gehabt hat, sie aber nicht zum Dharma befragt hat, d.h. dass man in seiner Verblendung gefangen war. Man hatte die Möglichkeit, Fragen zu stellen, um aus seiner Verblendung herauszukommen, und hat diese Gelegenheit versäumt. Man hat sich wie ein Tier verhalten: Ein Tier stellt sich keine Fragen. Es frisst und reproduziert sich. Wenn man als Mensch so lebt, führt das zu einer Wiedergeburt als Tier.

Das ist natürlich ein amüsantes Beispiel. Selbst wenn man nicht an dieses System der Wiedergeburten glaubt, zeigt das doch, dass es für Buddha wesentlich war, in der Gegenwart eines Meisters Fragen zu stellen. Denn wenn man das nicht macht, zeigt das, dass man keine tiefe Suche nach dem Erwachen hat.

Aber wenn man viel praktiziert, kann die Tatsache, keine Fragen zu haben, auch Ergebnis der Einsicht sein, dass es am wichtigsten ist, eine richtige Praxis zu haben, und dass die Verwirklichung nicht von jemand anderem kommen kann, dass wir uns wirklich auf die Praxis konzentrieren müssen. Das ist natürlich auch wertvoll. Aber in diesem Fall, muss man sich Fragen über die Art und Weise stellen, wie man praktiziert. Man muss Fragen stellen, um zu klären, dass man sich nicht in der Art und Weise zu praktizieren täuscht.

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Es scheint dem Buddhismus und auch dir sehr schwer zu fallen, manche Fragen einfach offen zu lassen.

Nein, überhaupt nicht.

Es scheint immer eine rationale Erklärungen zu geben. Dann kann man die Zweifel im Rahmen des Verstandes weg diskutieren. Aber das, was über den Verstand hinausgeht, kann man weder befragen noch beantworten.

Ja, sicher.

Warum dann so viele Aussagen zu einem Thema, z.B. „Gibt es einen freien Willen?“?

Aber du hast doch gesehen, dass das ein interessantes Thema für die Menschen ist. Das ist nicht nur eine philosophische, abstrakte Frage. Wie man Freiheit versteht, ist wesentlich für das Leben. Das ist nichts Irrationales, Unverständliches, von dem man nicht sprechen und das man nicht verstehen kann.

Ein Irrtum wäre es, zu glauben und zu denken, dass man mit der Vernunft alles erklären kann. Dieser Meinung bin ich nicht. Ich habe sogar sehr oft auf das grundlegende Koan hingewiesen, auf die Frage: „Was ist das?“ „Was ist dieses Ich hier?“, „Was ist diese Welt?“ - Ich habe immer gesagt, und du hast das auch schon gehört, dass man nicht versuchen sollte, auf die Frage: „Was ist das?“ zu antworten. Das ist ein wirkliches Koan, eine Frage die offen bleibt.

Wenn ich auf die Frage „Was ist diese Person da, dieser Roland?“ antworten möchte und hoffe, damit zu einer Definition meiner selbst zu gelangen: „Ich bin diese oder jene Person.“, dann ist das fast eine Katastrophe. Man muss diese Frage offen lassen.

Aber man kann verstehen, warum man sie offen lassen muss. Ich glaube, dass die Vernunft uns bis zur Grenze der Vernunft bringen kann. Man muss akzeptieren, dass die Vernunft begrenzt ist.

Das ist alles. Das habe ich schon oft erklärt. Ich habe nicht das Problem, alles rational erklären zu wollen. Ich glaube auch nicht, dass die authentischen Buddhisten, zumindest im Zen, dieses Problem haben. Im Zazen akzeptiert man, das, was jenseits des Rationellen ist, Hishiryo. Hishiryo ist etwas, was man nicht erklären kann. Meister Deshimaru hat immer gesagt: „Hishiryo kann man nicht erklären.“ Man kann darauf hinweisen, wie man Hishiryo erfährt, aber man kann es nicht beschreiben. Wenn man sagt: „Hishiryo ist das.“, dann ist es nicht mehr Hishiryo. Wenn man sagt: „Das ist das Erwachen.“ und das Erwachen ganz genau erklärt, dann ist es nicht mehr das Erwachen. Kodo Sawaki sagte: „Das ist wie eine Kirschtomate.“ Wenn man das Zen, das Dharma auf etwas reduziert, das man erfassen kann, wird etwas sehr Kleines daraus.

Erklärungen haben oft zum Ziel, die Vernunft zur Mitarbeit zu bewegen. Häufig will die Vernunft etwas Irrationales zurückweisen. Das wird dann ein Grund für Zweifel und ein Hindernis daran, mit Vertrauen zu praktizieren.

Erklärungen sind notwendig, damit die Vernunft mitarbeitet, aber nicht, damit sie alles übernimmt. Man muss der Vernunft die Grenzen aufzeigen. Das kann man, glaube ich, verstehen, indem man praktiziert, durch die Praxis selbst. Die Praxis geht immer über die Unterweisung hinaus. Die Unterweisung hilft zu praktizieren, aber die Praxis, die Erfahrung ist jenseits.

Ich habe Vorträge z.B. von Meister Deshimaru oder vom Dalai Lama gehört, in denen ich den Eindruck hatte, dass sie davon ausgehen, dass Westler einen wissenschaftlichen Geist haben und sie etwas nicht akzeptieren, wenn man mystisch spricht. Damit Westler den Buddhismus akzeptierten, müsse man alles wissenschaftlich zeigen. Daher hat der Dalai Lama gesagt: „Wenn man wissenschaftlich nachweisen kann, dass die Wiedergeburten nicht existieren, bin ich sofort bereit, diese Unterweisung der Wiedergeburt aufzugeben.“ - Das zeigt, welche Macht er dem wissenschaftlichen Geist gibt. Das ist meiner Meinung nach manchmal gefährlich, zumindest beim gegenwärtigen Stand der Wissenschaft.



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