BuddhaWeg-Sangha

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Fragen und Antworten

 

EINHEITSERFAHRUNG

 

 

Du hast gesagt, dass man in Zazen die Einheit erfahren kann. Das hört sich so an, als wäre es auf Zazen begrenzt. Was ist in dem Zusammenhang mit dem Mystizismus?

Dies Erfahren heißt, eine Seinsweise in Harmonie mit unserer wahren Natur zu erfahren. Das heißt, die Einheit wiederzufinden und nicht mehr getrennt zu sein, nicht mehr der dualistischen Funktionsweise des Geistes unterworfen zu sein, des Geistes, der immer unterscheidet, der ohne Unterlass Trennungen erzeugt, der dies oder jenes will, dies mag und jenes ablehnt, der auswählt, der Vergangenem nachtrauert und Angst vor der Zukunft hat. Dieser Geist ist immer hin- und hergerissen. Durch die Konzentration auf die Körperhaltung und die Atmung in Zazen lernt man, wirklich gegenwärtig zu sein, hier und jetzt, ohne sich von diesem dualistischen Geist irgendwo anders hinziehen zu lassen, in eine andere Zeit, an einen anderen Ort. Man lernt, wirklich eins zu sein mit dem Leben des Augenblicks, in dem es an nichts fehlt und in dem nichts zu viel ist. Man nennt das den Zustand der Fülle. Aber es geht über diesen Zustand hinaus, über jeden Zustand von Fülle oder Mangel. Es ist einfach so sein, wie es ist. Im Zen nennt man das Inmo.

Auf anderen spirituellen Wegen könnte man es eine mystische Erfahrung nennen. Es gibt viele Arten von Mystizismus. Mystizismus nennt man im Allgemeinen eine erlebte spirituelle Erfahrung im Rahmen eines Glaubens oder eines religiösem Systems. Aber diese Erfahrung geht über den Glauben hinaus, weil sie wirklich erlebt wurde. In der Regel gehören Mystiker den monotheistischen Religionen an, sind Christen, Moslems, Juden. Für sie ist die mystische Erfahrung im Allgemeinen die Kommunion mit Gott, die Erfahrung der Gegenwart Gottes.

Es ist also der Ausdruck für das gleiche.

Das weiß ich nicht. Ich habe keine derartige christliche Erfahrung gemacht, ich habe nur Zazen erfahren. Vielleicht gibt Punkte, die sich ähneln. Aber im Zen drückt man es anders aus. Man spricht nicht von einer Erfahrung der Gegenwart Buddhas als Person, es gibt keine Beziehung zu einer anderen Person. Der größte Unterschied ist, dass Gott in den monotheistischen Religionen jemand Anderes ist, eine andere Person, mit der man in Verbindung treten und sich vereinen will. Im Buddhismus ist Buddha kein Gott. Shakyamuni ist jemand, der zu seiner wahren Natur erwacht ist und der den Weg gezeigt hat, damit jeder die gleiche Erfahrung machen kann wie er. Wenn man will, kann man das eine Erfahrung der göttlichen Natur nennen. Aber das ist eine Frage der Definition des Wortes ‚Gott‘, eine Frage des Vokabulars.

Die Erfahrung von Zazen ist, philosophisch gesehen, eine immanente Erfahrung. Immanent meint das, was in einem ist, was zu einem gehört. Transzendent ist das, was jenseits, was außerhalb, was anders ist. Es gibt im Allgemeinen zwei Arten von spirituellen Wegen. Bei dem einen erfährt man Gott in sich selbst, Gott ist ein Teil von einem selbst, und wir sind in Gott.

Aber auf dem Zen-Weg, vor allem in unserer Soto-Zen-Praxis, gibt es zugleich die Erfahrung von Transzendenz und Immanenz: Die Buddha-Natur ist das, was uns am Vertrautesten ist, die Essenz, das Wesentliche in unserem Leben. Aber diese Essenz unseres Lebens ist völlig transzendent bezüglich unseres Egos. Sie geht über unser Ego hinaus, über die Anhaftung an eine geistige Funktionsweise, die man Ego nennt, über die Identifikation mit diesem Ego. Diese Identifikation mit dem Ego bringt uns dazu, dass wir uns eine Vorstellung über uns selbst machen, und uns sagen: „So und so bin ich.“ Wenn wir auf diese Weise funktionieren, begrenzen wir uns und schließen uns in ein geistiges Konstrukt ein. Man kann sagen, die Erfahrung von Zazen ist es, über dieses geistige Konstrukt hinauszugehen und es aufzugeben. - Als wäre man in einer Kapsel eingeschlossen und würde diese Kapsel aufbrechen und auf einmal das Tageslicht sehen.

Zazen ist ein besonderer Moment, aber so etwas geschieht nicht nur während Zazen.

Nein, natürlich nicht.

Was ist im Hinblick darauf mit diesen kleinen, intensiven Glückserfahrungen, bei denen man den Eindruck hat, wirklich zu existieren?

Glück kann mit allen möglichen Dingen zusammenhängen. Glück ist eine Empfindung und kann die Auswirkung einer spirituellen Erfahrung, eines Erwachens sein. Aber es kann auch aus anderen Gründen entstehen. Ein Verliebter ist glücklich, wenn er jemanden liebt und geliebt wird.

Glück ist vielleicht nicht das richtige Wort. Es ist schwierig auszudrücken. Die Erfahrung von etwas, von Frieden vielleicht, von derartigen Momenten. Ich kann es nicht besser beschreiben.

Was geschieht in diesen Momenten für dich?

Nichts Besonderes. Ich fühle mich in diesen Momenten nicht ich selbst. Etwas geht über mich hinaus. Ich weiß nicht, was es ist, oder ob es eine Einbildung ist.

Es kann auch der Zustand einer Einheit sein.

Als ich Kind war, hatte ich das.

Als Buddha sieben oder acht Jahre alt war, hatte er das Gefühl, eins zu sein mit der Natur, mit dem Leben, mit dem Kosmos, ein Gefühl, nichts anderes zu brauchen, einfach nur zu sein. Aber das sind Wörter, ebenso wie ‚Fülle‘. Man kann sagen, es sind spontane Erfahrungen von Samadhi, dem Zustand von Einheit, innerem Frieden oder von Harmonie mit der Umgebung. Das passiert während Zazen, kann aber auch ganz außerhalb von Zazen geschehen.

Das ist aber noch nicht das wahre Erwachen, um das es eigentlich geht. Es ist ein Art Vorgeschmack. Es ist wie mit dem Nirvana. Das Nirvana ist ein Vorgeschmack auf das Erwachen. Man sagt, das Nirvana ist wie ein Rastplatz auf der Autobahn. Man darf sich aber nicht vertun. Wenn man auf diesem Rastplatz anhält und denkt, ach, hier ist es schön, hier ist es ruhig, die Sonne scheint, hier will ich bleiben, muss man sich dennoch wieder auf den Weg machen. Es geht darum, immer unterwegs zu sein und nirgends zu verweilen. Wenn man einen glücklichen Moment erlebt, kann man ihn empfangen und sich über ihn freuen, aber man darf ihn nicht festhalten wollen und denken, das ist das Satori. Man lässt auch diesen Moment wieder vorbeiziehen, auch wenn man will, dass er andauert und dass man diese Empfindung immer wieder erlebt. Derartige Erlebnisse können zu einer Falle werden, wie eine Droge, zu einer Anhaftung an eine außerordentliche Situation.

Ich habe heute schon über Verdienste von Zazen gesprochen. Dieser Zustand kann ein Geschenk sein, das von Zazen kommt, so wie die Freude. Wenn man kein Zazen macht, kann es ein Geschenk des Lebens sein. Es sind die Momente des Loslassens, in denen man nicht mehr Gefangener der Gifte ist. Man ist nicht mehr gefangen von der Gier, dem Wunsch etwas zu bekommen, und auch nicht von der Angst, etwas zu verlieren. Man ist in einem Zustand des Friedens, der Einheit, der dem Erwachen sehr nahe ist. Aber es ist ein unbeständiger Zustand. Er dauert nicht an.

Erwachen ist beständig?

Nein. Manche klammern sich an den Gedanken eines andauernden Erwachens. Für mich hängt das Erwachen jedoch damit zusammen, auf nichts zu verweilen, auch nicht auf dem Zustand des Samadhi. Erwachen bedeutet, etwas tiefgehend zu verstehen. Es ist keine Erfahrung, die sich plötzlich ereignet. Es ist das tiefe Verständnis, dass man nichts ergreifen kann, dass alles vorbeigeht und unbeständig ist, und dies wirklich zu akzeptieren. Das Erwachen hat mit einer tiefen Befreiung von allen Ursachen der Täuschung zu tun. Dagegen sind diese Samadhi-Zustände von Frieden, den man erfährt, oder von spontanem Glück sehr schön und angenehm. Man kann sie empfangen, aber letztendlich sind sie wie Bonbons. Man muss einfach verstehen, dass sie wie alles andere unbeständig sind und dass man sich nicht an sie klammern darf. Sonst blockiert man sich und wird wie ein Drogensüchtiger, der auf seinen nächsten Flash wartet.

Das Erwachen ist eher die Freiheit, die Fähigkeit zu haben, gleichzeitig den augenblicklichen Moment zu leben und auf nichts zu verweilen, immer wieder loszulassen.

Wenn man diese Bonbons bekommt, denkt man, dass sie immer da sind. Vielleicht sehe und fühle ich sie nicht immer, weiß aber dass sie da sind.

Genau da wird Zazen wichtig. Durch die Zazen-Praxis kann man die wahre Befreiung von der Gier erfahren, die uns immer wieder nach etwas verlangen lässt. Sie befreit uns auch von der Angst, etwas zu verlieren oder etwas nicht zu bekommen. Zazen ermöglicht es uns, diesen Zustand des Friedens wiederzufinden. Aber diese Erfahrung geht viel tiefer, weil sie mit einem Verständnis verbunden ist, mit einer Akzeptanz der Unbeständigkeit. Das ist wie ein Reifeprozess.

Das ist der Unterschied zwischen den Momenten, die ich als Kind erlebte, und Zazen, das zu einer Reife führt.

Die Erfahrung, die Buddha Shakyamuni gemacht hat, als er acht Jahre alt war, war ein spontanes Samadhi, ein Zustand des Friedens, Nirvana. Als er später mit dem Problem der Unbeständigkeit, des Leidens, konfrontiert wurde, hat er sich in einer Praxis engagiert, weil er darauf vertraute, dass es möglich ist, diesen Frieden wiederzufinden, aber auf eine tiefer gehende Weise, durch das Verständnis der Wirklichkeit, so wie sie ist, und durch das Akzeptieren dieser Wirklichkeit. Dies führt zu einer viel stabileren Befreiung, die auch Glück und Frieden hervorrufen kann. Aber das geschieht zusätzlich. Das hat man nicht als Ziel. Es passiert dann einfach.


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