BuddhaWeg-Sangha

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Fragen und Antworten

 

DUALISMUS

 

Im Buddhismus geht es darum, Gutes zu tun, die rechte Sicht zu haben. Enthält diese Vorstellung von gut und richtig nicht einen Keim von Dualismus? - Wenn es Gutes gibt, gibt es Schlechtes, wenn es Richtiges gibt, gibt es Falsches. Meine zweite Frage ist: Was ist das Kriterium für die Richtigkeit?

Es ist wahr: In dem Augenblick, wenn man vom rechten Denken spricht, enthält das zugleich auch die Vorstellung von falsch. Aber es gibt auch Irrtümer und Täuschungen. Es ist ein Irrtum zu glauben, daß Zen in dem Sinne nicht-dualistisch ist, daß es Irrtum und Wahrheit auf dieselbe Ebene stellt. Es gibt richtige und falsche Handlungen. Die Nicht-Dualität liegt nicht auf dieser Ebene. In unserer Konfrontation mit den Phänomenen in unserem Alltag gibt es richtig und falsch.

Am Anfang der Praxis bedarf es der Aufklärung darüber, was richtig ist. Deshalb gibt man z.B. in der Bodhisattva-Ordination die Gebote weiter. Diese Gebote sind sehr ausdrücklich: Nicht töten, nicht stehlen, nicht lügen. Man kann nicht sagen, daß Mord nicht existiert, daß Diebstahl nicht existiert. Wenn man länger praktiziert, wird es immer weniger möglich, sich in einer diesen Geboten entgegengesetzten Richtung zu bewegen. Denn diese Gebote drücken unsere wahre Natur aus. Je mehr man mit der Zazenpraxis eins wird, je mehr man die Gebote in der Zazenpraxis aktualisiert, desto mehr beeinflussen sie unseren Alltag, desto weniger wird es möglich zu töten, zu stehlen, zu lügen.

Wenn der Zazen-Geist unseren Alltag beseelt, werden wir uns im Alltag in Einheit mit den Wesen um uns herum fühlen, wird man nicht bewußt denken: ‘Ich darf nicht töten.’ - Ob das nun Menschen oder Tiere sind. - Es ist einfach nicht mehr möglich zu töten. Man braucht nicht mehr in dualistischer Weise über gut oder schlecht nachzudenken, es geht einfach aufgrund unserer inneren Einstellung nicht mehr.

Das gilt für die anderen Gebote genauso: Man kann nicht mehr stehlen, weil man durch Zazen den besitzergreifenden Geist aufgeben hat, weil man versteht, daß man nichts behalten kann, daß einem nichts wirklich gehört, daß uns alles nur für die Zeit unseres Lebens geliehen wird, daß uns sogar unser Körper nicht gehört, da er zur Erde zurückkehrt. Dann ist das Gebot, nicht zu stehlen, kein dualistisches Gebot mehr, sondern Ausdruck unserer Harmonie wird mit der kosmischen Ordnung. Unser wirklicher Reichtum besteht darin, uns mit dem Universum in Einheit zu befinden. Dann wird sogar das Glück der anderen unser eigenes Glück.

Das spricht den vollkommensten Punkt der Verwirklichung an. So ist es natürlich nicht immer. Man befindet sich nicht immer auf diesem Niveau. Aber weil es eben nicht immer so ist, weil man sein Karma hat, unterweist man die Gebote. Die Gebote sind also genau für den Menschen, der sich in der Dualität befindet, der seinem Ego folgt. Aber je mehr man lernt, den Buddha-Geist, den Geist von Zazen zu leben, desto mehr verwirklicht sich ein nicht-dualistischer Geist, und desto mehr verschwindet diese Frage von gut und schlecht. Aber nicht deshalb, weil man töten und lieben auf die gleiche Ebene stellt.

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Meine Frage betrifft Unterscheidungen und den Dualismus. Manchmal sprichst du von dem täglichen Leben und von der Praxis. Heißt das, dass man im täglichen Leben im Dualismus handelt, aber nicht in der Praxis?

In Zazen ist es nicht nötig, eine Wahl zu treffen oder etwas zu entscheiden. Es gibt keine Aktion. Wir handeln nicht. Man muss in Zazen nicht überlegen, ob etwas gut oder nicht gut ist. Man sieht die Gesamtheit, ohne etwas auswählen zu müssen, ohne für oder wider.

Im täglichen Leben kann man diese Haltung nicht immer einnehmen, weil man sich manchmal entscheiden muss. Es gibt Handlungen und Entscheidungen. Man wählt zwischen diesem und jenem aus. Man kann nicht immer sagen: „Ach, beides ist gut.“ Man muss auch unterscheiden. Was ist in einer Situation relativ gesehen besser? Ist es besser, dies zu tun oder jenes? Da muss man den unterscheidenden Geist einsetzen.

Wenn man an die Zazen-Praxis gewöhnt ist, kann man in diesem Moment Unterscheidungen treffen und eine globale Sichtweise beibehalten. Natürlich muss man eine Lösung wählen, aber man behält den Kontext, die Umgebung und die Gesamtheit im Auge. Auf diese Weise kann man eine Wahl treffen, die die gesamte Situation berücksichtigt und nicht nur den eigenen, ichbezogenen Standpunkt. Das heißt, mit einem weiteren, tieferen Blick auswählen.

Im täglichen Leben kann man dem dualistischen Geist nicht aus dem Weg gehen, aber man ist nicht verpflichtet, immer dualistisch zu denken. Es gibt viel Zeit am Tag, in der man einfach eins mit der Wirklichkeit sein kann, hier und jetzt. Man kann eins sein mit dem Waschen, wenn man sich wäscht, eins mit dem Frühstück, wenn man frühstückt. Man kann eins mit einem Moment sein, wenn man geht, wenn man Auto fährt, eins mit dem Himmel, wenn man die Wolken betrachtet, wenn man spazieren geht.

Aber es gibt Gelegenheiten, vor allem im Beruf, bei denen man wählen und entscheiden muss. Dabei muss man den unterscheidenden Geist benutzen, um eine gute Lösung zu finden. Doch das ist wahrscheinlich nur an zwanzig Prozent eines Tages nötig. In der restlichen Zeit kann man den weiten Geist behalten. Aber die meisten Menschen funktionieren nicht auf diese Weise. Sie sind ständig in der Dualität, was zu einem zerstreuten Geist führt. Und wenn sie dann eine Wahl treffen müssen, schaffen sie es nicht, eine gute Entscheidung zu finden, weil sie zu zerstreut sind.

Ich glaube, dass die Zazen-Praxis ein gutes Heilmittel dagegen ist. Es ist förderlich für die Kreativität, wenn man zu ku, zur Leerheit, zurückkehren kann, weil die geistige Aufgeregtheit zur Ruhe kommen kann. Wenn man dann handeln oder entscheiden muss, kann sich die Intuition manifestieren, weil der Geist nicht von zu vielen Gedanken oder Gefühlen überfüllt ist.

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Was haftet an die Dualität an?

Das, was die Dualität erzeugt, ist das, was sich an die Dualität klammert, das Geistige. Die geistige Funktionsweise, die so vorgeht, dass sie sich an Worte klammert, die glaubt, dass man ab dem Augenblick, wo man etwas benannt hat, es erfasst hat - einschließlich Gottes und der Leerheit.

Der Geist, der diese Art von Täuschung erzeugt, erzeugt zur gleichen Zeit das Ego, das, was sich gegenüber den Objekten, die er selbst geschaffen hat, positioniert. Ab dem Augenblick, wo der Geist einen Begriff geschaffen hat, wird er die Neigung haben, zu sagen: „Ich mag das.“ oder „Ich mag das nicht.“, „Ich möchte das haben.“ oder „Ich möchte das nicht haben.“, „Ich möchte das werden.“ oder „Das möchte ich auf gar keinen Fall sein.“ In dem Augenblick, wo ein Objekt geschaffen worden ist, positioniert sich auch ein Subjekt, mit all den im Gehirn ablaufenden Prozesssen. Die Grundlage dieser Prozesse ist, einfach gesagt, Gier und Hass, Auswahl und Zurückweisung. Meister Sosan sagte: „Der Weg des Erwachens ist leicht zu verwirklichen, unter der Voraussetzung, dass man diese Einstellung aufgibt.“

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Ich habe eine Frage zum Zusammenhang von Dualismus und der modernen Bewusstseinsforschung: Neue Erkenntnisse haben gezeigt, dass Entscheidungen vom Unterbewusstsein schon getroffen werden, bevor sie uns bewusst werden. Wenn dieser Prozess nicht stattfindet, sind wir nur ganz schlecht lebensfähig. Zum Beispiel ist bei Autisten dieser Vorgang gestört. – Geht es nicht gegen das Selbstverständnis unseres Gehirns, wenn ich mich vom Dualismus lösen soll?

Das Hirn verfügt über unterschiedliche Funktionsweisen. Das Zen sagt nicht, dass man den Dualismus aufgeben muss. Es gibt sehr viele Situationen, in denen man die dualistische Sichtweise benutzen muss. Aber wenn man nur auf dualistische Weise denkt, ist man nicht mehr aufnahmefähig für eine tiefere Dimension unseres Lebens, die darin besteht, dass es in der Tiefe keine wirkliche Trennung gibt, sondern Einheit. Der Geist, der konditioniert ist, in einer dualistischen Weise zu funktionieren, sieht diese Einheit nicht.

Die Denkweise des Ego ist sehr dualistisch, denn das Ich konstituiert sich, indem es sich unterscheidet. Das ist notwendig. Wenn man auf den dualistischen Gedanken nicht zurückgreifen kann, wenn man nicht sieht, dass ich ich bin und du du bist, dass wir unterschiedlich sind, läuft man Gefahr, psychotisch zu bleiben. Es ist also notwendig, Zugang zu diesem dualistischen Denken zu haben.

Aber wenn man nur in diesem System funktioniert, kann man nicht die Einheit verspüren, die eine tiefere Ebene der Wirklichkeit ist, die Einheit mit dem anderen, die Einheit mit der Natur, mit Gott, mit Buddha, mit dieser tiefen Dimension. Da bleibt man völlig in einer sehr begrenzten Denkweise eingeschlossen, und ein Aspekt der Wirklichkeit entgeht uns wie einem Blinden.

Die Zazen-Praxis hilft uns, jenseits des dualistischen Denkens zu gehen und aufnahmefähig für das zu werden, was jenseits aller Dualität liegt. Aber das unterdrückt die Dualität nicht, das unterdrückt nicht die dualistische Funktionsweise, sondern erweitert das Bewusstsein, das nicht nur einen Aspekt sieht.

Es ist sehr dualistisch und sehr abendländisch, sich zu fragen, ob man in dualistischer oder nicht dualistischer Weise denken soll: Wir glauben immer, wir müssten ein Modell wählen. Wir müssten entweder der dualistischen Sichtweise folgen, denn das sei die Wahrheit, oder der nichtdualistischen Sichtweise, denn das sei die Wahrheit, das sei die wirkliche Weisheit. Man möchte immer nur auf einer Seite sein. Das zeigt, dass man völlig im Dualismus ist

Es gibt auch Menschen, die völlig davon überzeugt sind, dass nur die Nicht-Dualität die Wahrheit ist. Sie denken, die Dualität sei der Irrtum. Das ist verrückt. Das zeigt ganz genau, dass sie völlig im Dualismus gefangen sind. Die Anhaftung an die Nicht-Dualität ist Ausdruck der Dualität.


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