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CHRISTENTUM UND BUDDHISMUS
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Ich möchte zu der Frage
der Beziehung zwischen Zen und Christentum zurückkehren. Ich sehe
zumindest zwei grundlegende Unterschiede zwischen beiden. Im Zen geht
man von der Unbeständigkeit aus, im Christentum mehr von dem Konstanten,
von Gott, von dem Ewigen, von dem Unveränderlichen
Warte. Beide sind nicht voneinander getrennt: Man sucht das Ewige, weil man sich der Unbeständigkeit bewusst ist. Buddha hatte genau die gleiche Frage, außer dass er verstanden hatte, dass man ab dem Augenblick, wo man geboren ist, sterben muss. Und um nicht zu sterben, darf man nicht geboren werden. Sein Koan war also: „Wie kann man den Zustand ohne Geburt verwirklichen?“ So fragte er sich schließlich: „Was wird geboren?“ - Was geboren wird, ist nichts, was man ergreifen kann. Wenn man verwirklicht, dass unser Ego nichts Greifbares ist, letztlich ein Nichts ist, dann wird auch nichts geboren und nichts stirbt. Das ist sogar jenseits von Ewigkeit. Das ist die Realisation der Nicht-Geburt und des Nicht-Todes. Man merkt gut, dass der Ausgangspunkt letztlich nicht so verschieden ist. Es ist die Frage, die sich der Mensch stellt, dass man ab dem Zeitpunkt, wo man geboren wird, auch irgendwann sterben muss. Die Frage ist dann, welchen Sinn das Leben hat. Im Christentum bezieht man sich dabei auf einen Glauben, die Hoffnung auf eine Unsterblichkeit. Im Buddhismus bezieht man sich auf eine viel tiefere innere Erfahrung. Aber es geht letztlich darum, die gleiche Frage zu lösen. Ich möchte schnell noch über den zweiten Unterschied sprechen. Was den ersten Unterschied angeht: Wenn man sich im Christentum auf Gott bezieht, so bezieht man sich auf den Schöpfer. Wenn man sich selbst als Geschöpf versteht, bedeutet das, dass man kein Ego hat. Denn letztlich, hängen wir von einem höheren Wesen ab, von etwas, das uns nicht gehört. Deswegen geben sich die Christen dem Willen Gottes anheim. Sich Gott anheim geben, bedeutet die Nicht-Geburt und den Nicht-Tod zu realisieren, sich völlig aufzugeben. Die Buddhisten tun es, indem sie sich der Leerheit bewusst werden und die Christen, indem sie sich bewusst werden, dass sie Gott gegenüber nichts sind. Aber letztlich sollte man die Konzeptionen nicht in Gegensatz zueinander stellen. Wichtig ist die Frage, was die Konzeption in den Personen bewirken, die ihr folgen. Bezüglich von Glaubensvorstellungen kann man oft endlos diskutieren, ohne zu einer Übereinstimmung zu kommen. Aber ich habe oft bemerkt, dass, wenn sich ein christlicher Mönch und ein Zen-Mönch begegnen, die Erfahrung in der Tiefe die gleiche ist, selbst wenn unsere gedanklichen Kategorien und Konzeptionen unterschiedlich sind,. Das ist bemerkenswert. Der intellektuelle Kontext ist unterschiedlich, aber dieser Kontext ist auch sehr an der Oberfläche der Dinge. Wichtig ist, was jeder in seiner spirituellen Praxis lebt. Also häng dich nicht zu sehr an die Unterschiede. Dann hör ich da auf. ---------- Inwieweit sind Buddhismus und Zen miteinander verbunden? Inwieweit steht Zen über den verfassten Religionen? Ist es möglich, wenn man in einer anderen Religion, z.B. dem Christentum, verwurzelt ist, Zazen zu üben und was muss man dann beachten. Trifft das für dich zu, bist du Christin? Ja. Und du machst Zazen? Ja. Seit langem? Seit einem halben Jahr. Ist es ein Problem für dich? Nein bis jetzt nicht. Ich habe aber Kontemplation geübt und frage mich, was die Unterschiede sind. Wenn du kontemplierst, was kontemplierst du da? Ich sitze da und atme. RR: Das ist deine Kontemplation? - Zazen ist ganz ähnlich. Wir kontemplieren nichts Besonderes. Es ist eine gegenstandslose Kontemplation. Das ist also genauso wie deine Kontemplation. Wo ist das Problem? Im Kopf und in der Dogmatik. Man sollte nicht dogmatisch werden. Zazen praktizieren bedeutet, über jedes Dogma hinauszugehen. Buddha war jenseits aller Dogmen. Seine grundlegende Unterweisung war, dass wir uns an keines unserer gedanklichen Erzeugnisse klammern sollen. Wirklich an keines, nicht einmal an den Buddhismus, nicht an das Zen, nicht einmal an das Nirvana. Sobald man einen Begriff schafft, selbst wenn man glaubt, dass es eine sehr tiefe, unbegrenzte Vorstellung ist, das Satori, das Nirvana, die Buddha-Natur, so handelt es sich doch um ein Gedankenerzeugnis. Und das ist ein Hindernis auf dem Weg der wahren Befreiung. Deshalb ist die Zazenpraxis eine Kontemplation ohne Gegenstand und sie steht von daher gesehen auch nicht im Widerspruch zu irgend etwas anderem. Wenn du Christin bist, kann sie dir den Geist für ein tieferes Verständnis des Christentums öffnen, über die Dogmen hinaus. Z.B. machen sich Christen eine bestimmte Idee von Gott, weil sie an Gott glauben. Aber all das, was man von Gott glauben kann, hat nichts mit Gott zu tun, sonst wäre er nicht Gott. Es ist nur ein Gedankenerzeugnis. Gott ist das, was jenseits unserer gedanklichen Konstrukte beginnt, jenseits unserer Glaubensvorstellungen. Menschen, die Dogmen und Glaubensvorstellungen bezüglich Gott schaffen, töten ihn. Er wurde ein erstes Mal in der Person Christi getötet. Durch die Theologen wird er ein zweites Mal getötet, das heißt er wird zum Gegenstand, einem Gegenstand, der nicht mehr lebt. Hab also Vertrauen in deine Praxis ohne Dogma. Und wenn
jemand sagt, dass du Buddhist werden musst, um Zazen zu praktizieren,
zuck nur mit den Schultern. Und lass die Dogmen fallen. Wir folgen in
unserer Praxis dem Beispiel Buddhas. Wir beziehen uns auf sein Beispiel,
aber nicht als ein Dogma, sondern als einen Weg, dem er gefolgt ist. Es
ist also gut zu studieren, was er unterwiesen hat, vorausgesetzt, dass
man dem nur folgt, wenn man es auch selbst ausprobiert hat. Wenn du eine
Unterweisung Buddhas durch dich selbst bestätigst, handelt es sich
nicht um ein Dogma, sondern es ist Teil deines Lebens.
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