BuddhaWeg-Sangha

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Fragen und Antworten

 

ALLTAG

 

Auf dem Sesshin kommt bei mir einiges hoch. Ich habe ein bisschen Angst, dass ich mich, wenn ich in den Alltag zurückkomme, wieder in allen möglichen Dingen verliere.

Was kommt beim Zazen hoch? Was hast du Angst zu verlieren?

Bei Zazen kommt z.B. der Wunsch, ein ruhigeres Leben, einfacheres Leben zu führen.

Das wünsche ich mir auch!

Ich habe Angst, mich in den Komplikationen des Alltags zu verlieren, den Reizen zu folgen.

Dann musst du jeden Tag Zazen machen. Du musst zweimal am Tag Zazen machen, morgens und abends. Das ist das Rezept, das ich dir gebe: Zazen wiederholen, morgens und abends. Und wenn du während des Tages in Komplikationen kommst, dich verstrickst, kannst du auch während des Tages kurz Zazen machen. Du musst nicht drei oder vier Mal am Tag ins Dojo gehen. Es ist auch möglich, dort, wo man ist, fünf oder zehn Minuten Zazen zu machen, selbst in deinem Auto, in deinem Büro: Du konzentrierst dich auf deinen Körper und atmest ruhig aus, lässt die Gedanken vorbeiziehen, und die Komplikationen werden aufhören.

Es gibt auch eine andere Methode. Sie beruht mehr auf der Beobachtung. Wenn wieder komplizierte Sachen, komplizierte Gedanken auftauchen, frage dich: „Wenn ich jetzt sterben müsste, was wäre dann wichtig?“ - Das ist sehr radikal.

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Wie kann man den Geist des Sesshins, der anders ist als der des Alltags, außerhalb des Sesshins fortsetzen?

Für dich, der du dabei bist, dein Leben zu ändern, ist es wichtig, einen Rahmen mit Praxis aufzubauen, das, was ein Sesshin charakterisiert: Man steht jeden Morgen zur gleichen Zeit auf. Man wäscht sich schnell. Dann macht man Zazen. Mach’ dasselbe im Alltag. Vermeide es, einmal um sechs Uhr aufzustehen und am nächsten Tag um acht. Steh immer zur selben Zeit auf und beginne den Tag mit Zazen. Selbst wenn es nur zwanzig Minuten, eine halbe Stunde sind. Wenn es möglich ist, ins Dojo zu gehen, ist das natürlich besser. Wenn kein Dojo da ist, dann eben zwanzig Minuten, eine halbe Stunde Zazen.

Während des Sesshins machen wir nach dem ersten Zazen einen kurzen Spaziergang. Dann essen wir die Guen Mai. Auch wenn du keine Zeit hast, spazieren zu gehen, nimm dein Frühstück ganz konzentriert ein. Es ist auch gut, Gassho zu machen bevor du frühstückst, selbst wenn du das Bussho Kapila nicht rezitierst. Ein Moment der Stille und ein Dankeschön an alle Wesen, die zur Entstehung des Frühstück beigetragen haben. Wenn man isst, ißt man. Man vermeidet, 36 Dinge auf einmal zu tun. Versuch dich vollständig auf jeden Augenblick des Alltags zu konzentrieren. Wenn möglich in einem Rahmen mit Uhrzeiten - dann steht man auf, dann geht man schlafen, dann arbeitet man, dann wird gegessen. Das ist wichtig.

Du wirst jetzt Student sein, ganz allein. Das Leben eines Studenten ist ein bißchen dadurch charakterisiert, dass man lebt, wie man will: ‚Ich brauche morgens nicht aufzustehen, ich muß nicht zur Schule gehen.’ - Es ist wichtig, einen Rahmen zu schaffen. Dieser Rahmen hilft, frei zu werden. Es geht nicht darum, jemanden einzuengen. Wenn man einem regelmäßigen Rhythmus folgt - ein Sesshin hat einen regelmäßigen Rhythmus -, muß man nicht mehr nachdenken: ‚Was soll ich tun?’ ‚Was gibt es zu tun?’ ‚Was ist gut, was ist nicht gut?’

Mach das, was du jetzt zu tun hast. Dann kann der Geist friedlich werden. Man kann das gut tun, was man gerade zu tun hat. Und laß alles Unnütze fallen. Man muß nicht 36 Sachen auf einmal machen. Konzentriere dich auf das, was wesentlich ist. Im Alltag ist man häufig abgelenkt und will tausend Sachen folgen und verliert viel Zeit. Kehr immer wieder zu dem zurück, was wichtig ist, zu dem, was du dich zu machen entschieden hattest. Den Weg praktizieren, Mönch zu sein, gut Medizin zu studieren, sind Entscheidungen, die für dich wichtig sind. Die haben einen Sinn. Also konzentriere dich völlig darauf. Das ist die Weise, das Sesshin fortzusetzen.

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Könntest du uns aus deiner eigenen Erfahrung einen Rat geben zu Zazen im täglichen Leben neben dem Dojo?

Es ist gut, Zeit zu finden, und seien es nur wenige Minuten, z.B. wenn man in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Restaurant sitzt, da hältst du kurz inne und machst Zazen. Diese kleinen Zeiträume schaffen einen Unterschied zum üblichen Leben. Diese kleinen Momente sind Zazen und sind anders als der Alltag.

Aber Sinn unserer Praxis ist es, diese Unterschiede aufzuheben, d.h. im Alltag mit demselben Geist handeln zu können, den man in Zazen hat oder wenn man Samu macht. Das ist viel öfter möglich, als man glaubt. Es ist immer möglich, wenn man etwas macht, bei dem man nicht mit dem Intellekt denken muss. Wenn man ein berufliches Problem lösen will, muss man natürlich nachdenken. Dann ist keine Zeit, um Zazen zu machen. Aber immer, wenn man mit dem Körper handelt, ist es möglich, zu einem Geist zurückzukehren, der Zazen ähnelt. Körperliche Arbeit kann man so verrichten, wie wenn man Zazen macht: Man konzentriert sich auf seine Haltung, auf seine Atmung und ist aufmerksam auf das, was um einen herum passiert, ohne an vorher oder nachher zu denken. Man ist völlig im Hier und Jetzt, wie beim Zazen.

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Der positive Eindruck, den ein Sesshin hinterlässt, wird schnell vom Alltagsgeist verwischt. Wie kann man ihn immer wieder auffrischen?

Indem man beobachtet und feststellt, wenn man den Geist des Erwachens verliert und wieder im komplizierten Alltag feststeckt. Das ist nicht schön, dann ist kein Glück und keine Freude da. Dann gibt es wieder Leiden und Unzufriedenheit und nicht das wahre Leben. Es ist paradox, dass man den Kontakt mit dem Geist des Erwachens verliert, der uns glücklich macht und unserem Leben einen tiefen Sinn gibt. Man könnte sagen, dass man sich anstrengen muss, um diesen Geist zu bewahren. Das ist verwunderlich, denn es ist ja eigentlich schlimm, wenn man ihn nicht beibehält. Das Leben ohne diesen Geist ist schwieriger. Der alltägliche Geist ist ein komplizierter Geist, schafft viele Konflikte, Probleme, und man ist nicht sehr glücklich. Ich verstehe nicht, wie man die Wohltaten des Sesshins vergessen kann.

Das Gehirn ist sehr schnell zu beeinflussen.

So ist es. Man vergisst schnell. Es ist auch Aufgabe der Unterweisenden im Dojo, diesen Geist des Erwachens aufrecht zu erhalten.

Ich glaube, je kontinuierlicher man praktiziert und je öfter man auf ein Sesshin geht, umso mehr bleibt der Geist. Aber das muss man dann auch wirklich machen.

Das stimmt.

Für die meisten ist es einfacher, zusammen zu leiden, statt allein erwacht zu sein. Der Mensch ist ein Gemeinschaftstier.

Vielleicht fühlt man sich sicherer, wenn man Illusionen teilt. Im Buddhismus gibt es eine Geschichte von einem Affen, der zwei Augen hatte und in einer Affenherde war, in der alle anderen Affen nur ein Auge hatten. Die einäugigen Affen haben ihn geschlagen, weil sie fanden, dass er nicht normal wäre, weil er zwei Augen hatte. In einer Gruppe, in der alle anormal sind, ist es normal, anormal zu sein. Wenn man normal ist, ist man zufrieden, man hat dieselben Illusionen.

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