Konzentriert euch während Zazen immer wieder
auf die Körperhaltung. Lasst euch von der Konzentration auf
die Haltung aufsaugen. Gebt all eure Energie in die Haltung. Dann
wird sie wirklich lebendig. Streckt gut den ganzen Körper
zwischen Himmel und Erde aus. Zieht das Kinn zurück und lasst
die Schultern locker. Statt euren Gedanken zu folgen, folgt eher
der Einamtung und der Ausatmung. Wenn die Einatmung kommt, seid
völlig ein Körper und Geist, der einatmet. Wenn die
Ausatmung kommt, seid völlig ein Körper und Geist, der
ausatmet.
Durch die Konzentration auf Haltung
und Atmung kehrt man ganz natürlich zu der reinen Quelle
zurück, von der Meister Sekito im Sandokai spricht. Man findet
einen Geist wieder, der von allen geistigen Erzeugnissen befreit
ist, der nicht mehr unterscheidet zwischen dem, was er mag, und
dem, was er nicht mag, zwischen dem, was er als wahr oder oder
was er als falsch beurteilt, zwischen einem selbst und den anderen.
Indem man zu dieser reinen Quelle
des Geistes zurückkehrt, kann man unbewusst und natürlich
allen Wesen helfen. Denn dann hört man auf zu unterscheiden:
‚Den mag ich, dem will ich helfen. - Den mag ich nicht,
dem mag ich nicht helfen.’ Es ist der Geist, der nicht unterscheidet,
der in der Lage ist allen Wesen zu helfen, davon befreit zu werden
zu unterscheiden.
Nicht mehr zu unterscheiden heißt
einen weiten Geist zu verwirklichen. Im weiten Geist gibt es keine
Konflikte mehr, keine Gegensätze, keine Gier, keinen Hass,
keine Unwissenheit. Alles ist gegenwärtig, so wie es ist,
jenseits von geistigen Beschmutzungen. Dieser Geist ist in Friede.
Er findet seine reine Klarheit wieder.
„Die spirituelle Quelle
glänzt im Licht, die Ausflüsse zerfließen in der
Dunkelheit.“, sagt Meister Sekito. Diese Quelle ist etwas
Wunderbares. Sie ist die Existenz, die sich in kein Konzept fassen
lässt. Sie ist nichts, das man beschreiben kann. „Die
Ausflüsse fließen in die Dunkelheit.“ Aber dennoch
stammen sie aus Quelle. Es ist derselbe Geist, der aber durch
Anhaftung an Begriffen verdunkelt wird.
Sekito sagt weiter: „Nach
den Phänomenen zu greifen, sich an die Phänomene zu
haften, ist bestimmt eine Illusion.“ - Das ist der Grund,
warum die klare Quelle in die Dunkelheit fließt. Zum Beispiel
wird aus dem Hishiryo-Bewusstsein von Zazen wieder der komplizierte
Geist.
Sekito fügt hinzu: „Das Bündnis mit der Gleichheit
ist noch nicht das wahre Erwachen.“ Sobald man etwas bewusst
versteht, und man sein Verständnis in Worte, in Konzepte
fasst, wenn man zum Beispiel glaubt, die Leerheit verstanden zu
haben, die wechselseitige Abhängigkeit, die klare Quelle,
macht man augenblicklich etwas daraus. Etwas, das zu einem Gegenstand
der Anhaftung wird. Und diese Anhaftung verdunkelt augenblicklich
das klare Licht.
Aber man kann immer wieder zurückkehren
zu der klaren Quelle, indem man von Augenblick zu Augenblick die
Neigung es Geistes fallen lässt, immer wieder an irgendetwas
anzuhaften. Die Zazen-Praxis ist ein Aufeinanderfolgen von Loslassen,
so als würde man den Geist weicher machen, massieren, der
dann erneut lernt, sich mit der höchsten Wirklichkeit zu
harmonisieren, nicht als einer Vorstellung, als einer Idee, sondern
als der augenblicklichen Erfahrung des Unfassbaren, der Unbegrenztheit.
Dann braucht man nicht mehr die klare Quelle den Ausflüssen,
die in die Dunkelheit fließen, gegenüberzustellen.
Der weite Geist umfasst das klare Licht und die Dunkelheit. Sie
sind nicht getrennt, sie existieren nicht ohne einander.
Jeder sucht nach der Wahrheit.
Besonders die Personen, die sich auf einem spirituellen Weg engagieren.
Sie suchen Gott, Buddha, die letzte Wahrheit. Aber sobald man
diese benennt, sobald man sie erfasst, ist sie nicht mehr die
letzte Wahrheit. Die Zazen-Praxis bringt uns zur inneren Quelle
vor jeglicher Benennung, vor jedem Anhaften, zu Buddha vor Buddha
zu Gott vor Gott, vor allen Glaubensrichtungen, vor allen Gedanken,
vor allen Unterscheidungen.
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