Die wesentliche Erfahrung eines Sesshin ist es,
über den Geist hinauszugehen, der Trennungen schafft und
den weiten Geist Buddhas zu realisieren, der klar sieht, dass
der Weg sich immer und überall manifestiert, dass wir nie
vom Weg getrennt sind und nie vom Weg getrennt waren und dass
alle Tage – nicht nur die Tage eines Sesshins – gute
Tage sind, um diese Erfahrung zu realisieren. Jeder Ort ist ein
guter Ort, überall ist ein Dojo, ein Ort, um den Weg zu praktizieren,
den Weg der Nicht-Getrenntheit zu praktizieren. Der gewöhnliche
Geist, der Alltagsgeist, ist nicht getrennt vom Buddha-Geist.
Wenn wir meinen, der Buddha-Geist sei von uns, von unserem Alltag
getrennt, dann ist es unmöglich, ihn zu realisieren.
Ihr müsst Vertrauen in die
Tatsache haben, dass sich der Buddha-Geist in allen Augenblicken
des Alltags realisiert, ab dem Augenblick, in dem man die Funktionsweise
des Geistes aufgibt, die Gegensätze schafft. Die einfachste
Methode, das zu realisieren ist, zum Körper zurückzukehren
und durch die Aufmerksamkeit auf die Atmung die Einheit von Körper
und Geist wieder zu finden.
Als Joshu noch ein junger Mönch
war, suchte er Meister Nansen auf und stellte ihm die Frage: „Was
ist der Weg?“ Nansen antwortete: „Der gewöhnliche
Geist ist der Weg. – Hei jo shin kore do. Hei
bedeutet '‚einfach', ‚'glatt'– wie der Schädel,
wenn man ihn rasiert hat – ohne Hindernis und Komplikationen.
Jo bedeutet sowohl ‚'alltäglich' als auch
'‚immer', ‚'ewig'. Hei jo shin ist also der
Geist, den man im Sesshin erfahren kann, indem man zu seinem ursprünglichen
und wirklichen Zustand zurückkehrt.
Joshu fragte Meister Nansen:
„Müssen wir uns auf den Weg hin ausrichten?“
- Für die meisten Praktizierenden ist es offenkundig, dass
man sich auf den Weg hin ausrichtet. Bodaishin ist der
Geist, der sich dem Weg zuwendet, Buddha zuwendet. - Aber Nansen
antwortete: „Wenn du versuchst, dich auf den Weg auszurichten,
entfernst du dich von ihm.“ Joshu fuhr fort: „Aber
wenn man sich nicht bemüht, sich auf den Weg auszurichten,
wie kann man dann wissen, dass es der Weg ist?“ Nansen antwortete
ihm: „Der Weg gehört weder zu Wissen noch zu Nicht-Wissen.
Denn Wissen ist Täuschung und Nicht-Wissen ist Verwirrung.
Wenn du den Weg des Nicht-Zweifels realisierst, ist dies wie eine
unendliche, unbegrenzte Leere. Wie könnte es dann auf dem
Weg richtig oder falsch geben?“ Als er diese Worte hörte,
erwachte Joshu.
In der Folgezeit wurde Joshu
ein großer Meister und unterwies immer ausgehend von den
konkreten Details des Alltags. „Was ist der Weg?“
– „Hast du deine Reissuppe gegessen?" –
"Ja." – "Also geh und spül deine Schale.“
– „Warst du schon mal hier?“ „Ja!“
– „Nimm eine Tasse Tee und geh!“ – „Warst
du schon mal hier?“ –„Nein!“ – „Nimm
eine Tasse Tee und geh!“
Der Weg, den Joshu bei Nansen
realisiert hat, ist der Weg der Nicht-Trennung zwischen dem Weg
und dem, was man als Nicht-Weg ansieht, dem gewöhnlichen
Leben, dem Alltag.
Wenn man jeden Morgen Zazen praktiziert,
kann man in den Alltag eintreten, indem jeden Aspekt dieses Lebens
zur Aktualisierung des Weges macht, indem man immer wieder zum
Geist der Nicht-Getrenntheit zurückkehrt, der Nicht-Trennung
zwischen edel und vulgär, heilig und profan, einem selbst
und den andern, Wissen und Nicht-Wissen. Das bedeutet zu Hishiryo
zurückzukehren, zum Geist jenseits des Denkens, aber auch
jenseits des Nicht-Denkens.
Wir müssen diesen Geist
realisieren, um die Konflikte und Gegensätze zu überwinden,
die unsere geistigen Komplikationen geschaffen haben und die uns
den Kontakt mit dem Weg haben verlieren lassen und die dazu führen,
dass unsere Zivilisation unterzugehen droht.
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