Es gibt zwei Sorten von Gelübden,
Anliegen, Schwüren: die gewöhnlichen Wünsche und
die großen, tiefen Gelübde.
Die meisten Menschen nehmen sich
etwas vor. In ihrer Jugend wollen sie das Abitur schaffen. Dies
ist das Anliegen der Schüler. Die Heranwachsenden haben das
Anliegen, ein schönes Mädchen zu verführen, die
jungen Mädchen wollen einen jungen Mann heiraten. Als Erwachsener
möchte man Geld haben. Vergeblich läuft man seinem Glück
hinterher, das Geld meidet einen. Dann sucht man nach einer herausgehobenen
Stellung in der Gesellschaft, man möchte zur Elite gehören.
Dies ist das Anliegen derer, die auf Anerkennung aus sind. Die
meisten Menschen sterben mit diesem Wunsch. Aber intelligente
Leute verstehen, dass dieses Anliegen belanglos ist. Diejenigen,
die Zazen machen und an einem Sesshin teilnehmen haben große,
tiefe Anliegen.
In allen buddhistischen Richtungen
findet man die gleichen vier großen Gelübde. Es sind
die Gelübde, die wir täglich nach dem Hannya Shingyo
rezitieren:
Shujô muhen seigando
Bonno mujin seigandan
Homon muryô seigangaku
Butsudo mujô seiganjo.
Das Wort seigan, das in jedem
Satz wiederholt wird, bedeutet ‚Gelübde’.
1. Shujô muhen seigando.
Die lebenden Wesen sind unzählig, dennoch gelobe ich, sie
alle zu retten, ihnen allen Heil zu bringen.
Heutzutage sind die meisten Menschen verrückt. Überall
gibt es unendliches Leid. Der Geist eines jeden ist kompliziert.
Die Menschen werden von ihren Anhaftungen, ihren Wünschen
gefesselt: Alkohol trinken, sexuelle Zwangsvorstellungen, Spielsucht,
Pferderennen, usw. Sie leiden im verschmutzen Teich.
All die, die Bodhisattva-Ordination oder die Mönchs- und
Nonnen-Ordination empfangen haben, müssen die Gelübde
einhalten. Einige sagen: „Ich bin Bodhisattva, also muss
ich alle Frauen retten.“ Und wechseln jeden Tag die Frau.
Dies ist nicht das wirkliche Gelübde, alle Wesen zu retten!
2. Bonno mujin seigandan.
Mujin bedeutet ‚unbegrenzt’. Man muss die Bonno abschneiden,
aber sie sind unbegrenzt. Es ist schwierig, nicht hinter den Wünschen,
den Bonno, herzulaufen, aber sie abzuschneiden ist noch schwieriger.
Wie ein Schürzenjäger jeden Tag hinter einer Frau herzulaufen,
ist ermüdend. Man kann die Bonno nicht abtrennen. Hat man
mit einem Schluss gemacht, taucht ein anderes auf. Sogar während
Zazen erscheinen Bonno. In Zazen können wir diese Bonno wahrnehmen,
den wir werden Gott oder Buddha. Wir sehen, dass wir nicht so
gut sind. Die Verrückten wissen nicht, dass sie verrückt
sind. Die, die verstehen, dass sie verrückt sind, sind es
deshalb nicht mehr. Diejenigen, die Zwangsvorstellungen haben,
wissen das nicht. Während eines Sesshin kann man das sehen.
3. Homon muryô seigangaku
Homon: die Pforte des Dharma
Der Buddhismus ist sehr tief. Es gibt mehr als 10.000 Sutren-Bände
und jeder ist 50, 100 oder 500 mal kommentiert worden. Heutzutage
kommentiert man dieKommentare der Kommentare. Man kann, den Buddhismus
nicht verstehen, wenn man nur ein einziges Buch liest. Die meisten
europäischen Buddhisten schreiben Bücher, haben aber
nur ein oder zwei Bücher gelesen. Aber auch das ist nur Wissen.
Sie verstehen nicht mit dem Körper. Man muss mit dem Körper
studieren, sich tief auf den Körper konzentrieren.
4. Butsudo mujô seiganjo.
Butsudo: der Weg Buddhas
Muhen, mujin, muryo, mujin haben die gleiche Bedeutung: ‚unbegrenzt’.
Der Buddha-Weg ist der höchste Weg. Man muss das Gelübde
ablegen, den Buddha-Weg, den höchsten Weg des Menschen, zu
vervollkommnen. Aber das ist sehr schwer.
Indem man Zazen macht, kann man
diese vier großen Gelübde erfüllen. Die Menschen,
die Zazen machen, praktizieren diese vier großen Gelübde.
Unbewusst, natürlich und von selbst könnt ihr diese
vier großen Gelübde, diese vier Schwüre verwirklichen.
Diese vier großen Gelübde tiefer und unbegrenzter als
das unauslotbare Meer. In einer ganzen Ewigkeit kann man sie nicht
ausschöpfen, denn sie sind zu groß, zu tief.
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