Im Shinjinmei heißt
es: „Den Weg zu verwirklichen ist nicht schwer. Man muss
nur frei sein von Zuneigung und Abneigung.“
Frei von Zuneigung und Abneigung bedeutet, alle Dinge, die uns
geschehen, willkommen zu heißen; das, was uns geschieht,
mit Gleichmut anzunehmen.
Aber Gleichmut allein reicht
nicht. Gleichmut allein könnte auch Teilnahmslosigkeit sein.
Dem Gleichmut steht die Anteilnahme gegenüber.
Wir nehmen das, was uns geschieht, mit Gleichmut an. Und wir nehmen
Anteil am Leiden der anderen Wesen, am Leiden der Welt.
Diese Anteilnahme ist eine aktive
Anteilnahme: Wir handeln, um den anderen Wesen zu Hilfe eilen.
Die aktive Anteilnahme wird durch
den Bodhisattva Avalokiteshvara symbolisiert. In Japan trägt
Avalokiteshvara den Namen Kannon oder Kanzeon. Kanzeon ist diejenige,
die Klänge der Welt, die Leiden der Welt, hört und dann
handelt.
Diese aktive Seite der Anteilnahme
wird in Statuen dargestellt, in denen Kannon tausend Arme und
tausend Hände hat. In jeder ihrer Hände hält Kannon
ein anderes Werkzeug. Kannon verfügt über Tausende von
Werkzeugen, weil sie in tausenden verschiedenen Situationen den
Menschen zu Hilfe eilt.
Die Praxis der Bodhisattvas besteht
darin, Werkzeuge zu entwickeln, um allen Menschen zu helfen, sich
aus ihrem Leiden zu befreien. Aber wenn wir selbst betroffen sind,
ist es besser, Gleichmut zu entwickeln, nicht mit Aggression und
Hass zu reagieren, wenn uns etwas widerfährt, das wir als
unangenehm erleben, und nicht mit Gier, wenn uns etwas widerfährt,
das wir als angenehm erleben.
Gleichmut ist nicht Gleichgültigkeit.
Gleichmut und aktive Anteilnahme sind wie der linke und rechte
Fuß beim Gehen. Eine Situation, in der wir den Eindruck
haben, dass uns Unrecht widerfährt, ist eine Gelegenheit,
Gleichmut zu üben. Eine Situation, in der jemand anderem
Unrecht widerfährt, ist eine Gelegenheit Anteilnahme zu praktizieren.
Bewegt euch nicht nur auf einem
Bein durch die Welt!
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