Das Leben ist unermesslich, übersteigt
uns. Es lässt sich von uns nicht in Kategorien fassen. Jeder
Moment des Lebens ist eine Gelegenheit zu erwachen. Eine Gelegenheit,
das Dharma zu realisieren.
Die Pforten des Dharmas sind so zahllos wie die Situationen unseres
Lebens: In jedem Augenblick unseres Lebens können wir wahrnehmen,
dass wir kein substanzielles und von unserer Umgebung getrenntes
Ich haben, dass wir ständig mit allem verbunden sind, was
ist. In jedem Augeblick unseres Lebens können wir die Unbeständigkeit
wahrnehmen. Wir können wahrnehmen, wie Leiden entsteht, weil
wir eine vorhandene Situation ablehnen, oder nicht vorhandene
Situation herbei sehnen.
In dem Augenblick, wo wir aufhören,
irgend etwas zu ergreifen, irgend etwas zurückzuweisen, hören
wir auf, dem Ich Stabilität zu verleihen. In dem Augenblick,
wo wir alle vorgefassten Meinungen loslassen, durchdringen wir
die Wirklichkeit, so wie sie ist.
In jedem Augenblick unseres Lebens
können wir die Wirklichkeit, so wie sie ist, durchdringen,
nicht nur in Zazen.
Aber alle Buddhas, alle Dharmavorfahren
und Dharmavorfahrinnen haben Zazen praktiziert, weil wir in Zazen
unmittelbar, ganz direkt hier und jetzt die Wirklichkeit, so wie
sie ist, erfahren können: Wir können sehen, wie der
Zustand des Körpers sich unablässig verändert,
wie sich unsere Empfindungen und Wahrnehmungen unablässig
verändern. Mal finden wir Zazen angenehm, mal unangenehm,
mal sind wir angespannt, mal entspannt. Kein Augenblick ist wie
der andere. Wir können wahrnehmen, wie wir die angenehmen
Empfindungen festhalten und die unangenehmen zurückweisen.
Und wir können aufhören,
dies zu tun. Wir können uns auf die Haltung des Körpers
konzentrieren, das Becken nach vorne neigen, die Knie in den Boden
drücken, die Wirbelsäule strecken, den Nacken strecken,
das Kinn leicht zurückziehen, die Schultern, die Gesichtszüge
und die Kiefer entspannen. Wir können aufhören, unseren
Gedanken zu folgen. Wir können die Atmung wahrnehmen.
In dem Augenblick sind Körper
und Geist völlig friedlich.
In Zazen können wir den
friedlichen Geist des Nicht-Ichs unmittelbar erleben. Die Wachheit,
die Aufmerksamkeit, die sich an nichts klammert, die nichts festhält,
die einfach gegenwärtig ist.
Dies ist der Grund weswegen Meister
Dogen sagte, dass Zazen zu praktizieren nicht bedeutet eine Meditation
zu erlernen. Zazen ist das Dharmator des Frieden und der Freude.
Das Dharmator, das alle Buddhas, alle Dharmavorfahren und Dharmavorfahrinnen
durchdrungen haben.
Konzentriert auch ihr euch auf
die Haltung des Körpers, seid euch eurer Atmung bewusst,
lasst die Gedanken vorüberziehen. Sitzt restlos.
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