Wenn wir
jemanden begegnen, den wir viele Jahre nicht gesehen haben, nehmen
wir wahr, wie die Person sich verändert hat. Der Körper hat sich
verändert, ist gealtert, vielleicht ist er von einem Unfall
gekennzeichnet. Auch der Geist hat sich verändert. Dennoch glauben
wir, dass diese Person einen unveränderlichen Wesenskern besitzt.
In Zazen können
wir uns selbst betrachten. Wir nehmen wahr, dass sich unser Körper
verändert. Das Zazen der letzten Woche ist nicht wie das Zazen
heute. Vielleicht schmerzt heute unser Körper, vielleicht hat er
es in der letzten Woche nicht getan. In unserem Geist tauchen
ständig neue Gedanken auf. Oder unser Körper ist ruhig, ein
anderes Mal ist er unruhig.
Aber dennoch
glauben wir, dass wir über ein unabhängiges, dauerhaftes Selbst
verfügen. Meister Dogen verwendet ein Vergleich, um unser
Verhalten zu beschreiben.
Er sagt:
„Fährt jemand in einem Boot und blickt vom Boot aus auf das Ufer,
glaubt er, dass sich das Ufer bewegt. Dies ist aber ein Irrtum.
Wenn er aber unmittelbar auf das Boot schaut und das Meer sieht,
weiß er, dass das Boot sich bewegt und nicht das Ufer.“
Genauso ist es,
wenn wir Körper und Geist in verwirrter Weise wahrnehmen und alle
Dinge mit unterscheidendem Geist auffassen. Dann denken wir
irrtümlich, dass unser Geist und unser Wesen etwas Beständiges
sind. Wenn wir jedoch unmittelbar handeln und zur konkreten
Situation im gegenwärtigen Augenblick zurückkehren, dann ist klar,
dass alle Dinge kein festes, kein unwandelbares Selbst haben.
In Zazen nehmen wir diesen ständigen
Wandel wahr. Dieser ständige Wandel ist das Leben. In Zazen lassen
wir auf diese Weise unsere Täuschungen fallen und nehmen die
Wirklichkeit so wahr, wie sie ist: Das, was wir für ein
selbständiges, substanzielles Ich halten, ist in Wirklichkeit ein
sich ständig verändernder Punkt in einem Geflecht von Beziehungen.
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