Praxis und Erwachen sind nicht
zwei. Wir praktizieren nicht, um das Erwachen zu erlangen.
Wenn wir wirklich Zazen
praktizieren, ist dieses Zazen Ausdruck des Erwachens. Aber dafür
ist es erforderlich, dass wir wirklich Zazen praktizieren, dass
Körper, Geist und Atmung eins in Zazen sind.
Das ist der Grund, warum
Meister Deshimaru so großen Wert auf die Unterweisung der
Körperhaltungen gelegt hat. Neigt also gut das Becken nach vorne.
Drückt mit den Knien in den Boden. Streckt die Wirbelsäule und den
Nacken. Zieht das Kinn zurück. Entspannt die Schultern. Lasst die
linke Hand in der rechten Hand ruhen. Die Handkanten berühren den
Unterleib zwei bis drei fingerbreit unterhalb des Nabels. Die
Daumenspitzen haben leichten Kontakt, bilden weder Berg noch Tal
und formen mit den Handflächen ein offenes Oval. Entspannt die
Schultern und die Gesichtszüge. Haltet den Blick im Winkel von
etwa 45 Grad gesenkt und lasst den Blick einfach ruhen. Folgt
nicht euren Gedanken. Seit völlig eins mit dem Kommen und Gehen
der Atmung.
Buddha Shakyamuni hat dieses
Sitzen als Ausdruck seines Erwachens praktiziert, er hat es aber
nicht erfunden. Er sprach davon, dass er es wiederentdeckt hat, so
wie man im Urwald einen zugewachsenen Weg wiederentdeckt.
Von Indien aus wurde diese
Praxis nach China weiter gegeben, von China nach Japan, von Japan
nach Europa. Weil wir die Überlieferung aus Japan erhalten haben,
gibt es in der Unterweisung vielfach japanische Begriffe.
Meister Dogen, der im 13.
Jahrhundert in Japan lebte, sprach von shin jin datsu raku,
Körper und Geist abwerfen. Wenn wir Körper und Geist abwerfen,
sind wir völlig eins mit Zazen, völlig eins mit unserer Praxis,
hier und jetzt. Wenn wir Körper und Geist abwerfen, praktizieren
wir restlos: Alles ist in der Praxis, nichts mehr übrig, nichts
zurückgehalten.
Aber diese restlose Praxis
beschränkt sich nicht auf das Dojo. Wir können sie außerhalb des
Dojos fortsetzen. Das Erwachen ist nicht auf das Dojo beschränkt.
Wenn das, was wir tun, ethischen Maßstäbe entspricht und wir es
restlos tun, ist es Ausdruck des Erwachens. Auf diese Weise können
wir das Erwachen im Alltag leben.
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