Worte bekommen dadurch ihre
Bedeutung, daß sie unterscheiden. Der Vater ist nicht die Mutter,
Vater und Mutter sind nicht das Kind.
Gewöhnlicherweise sehen wir diesen Unterschied. Wir sagen: „Vater
und Mutter zeugen das Kind.“ Aber auch das Umgekehrte trifft zu:
Das Kind zeugt Vater und Mutter. Gäbe es das Kind nicht, gäbe es
nicht Vater und Mutter. Ohne Vater und Mutter gäbe es das Kind
nicht, aber eben auch umgekehrt, ohne Kind nicht Vater und Mutter.
Genauso verhält es sich mit gewöhnlichen Wesen und Buddha. Ohne
gewöhnliche Wesen gäbe es keinen Buddha. Aber auch: Ohne Buddha
gäbe es keine gewöhnlichen Wesen.
Wir dürfen nicht nur, die eine Seite sehen, die Seite, wo die
Begriffe klar getrennt sind, sondern müssen auch die andere Seite
sehen, wo deutlich wird, dass sie ganz eng miteinander verbunden
sind.
Im Hannya shingyo rezitieren wir: „Form ist Leerheit, Leerheit ist
Form.“ - Die Formen unterscheiden sich. Es gibt Vater, Mutter,
Kind. Es gibt verblendete Wesen und Buddhas. Auf der anderen Seite
sind sie ganz eng miteinander verbunden, existiert das eine nur
durch das andere, das andere nur durch das eine.
Bernie Glassman wies einmal darauf hin, dass in dem Satz: „Form
ist Leerheit, Leerheit Form“ das Wichtigste das Wort 'ist' ist.
'Ist', 'sein', geht über Form und Leerheit hinaus.
In der Praxis von Zazen geht es genau um
dieses 'Ist', um das „Sein“, das Sein jenseits von Form und
Leerheit, jenseits von Leerheit und Form. Wenn wir wirklich Zazen
praktizieren, sind wir jenseits von verblendeten Wesen und auch
jenseits von Buddha: Wir sind.
In diesem Sind
ist kein 'ich', kein 'wir' mehr da, das Zazen praktiziert.
Wenn wir ein Rakusu oder ein Kesa nähen, ist, wenn wir wirklich
nähen, nur das Nähen da, kein Ich, das näht und kein Kesa, das
genäht wird.
Der Buddha jenseits von Buddha, das Erwachen jenseits des
Erwachens vollzieht sich in der Handlung, in der es keine Trennung
gibt zwischen Handelnden, Handlung und Objekt der Handlung.
Werft euch also ganz und gar in diese Handlung, in dieses Sitzen,
in dieses Nähen, dieses Kochen, dieses Putzen, in dem sich das
Erwachen jenseits des Erwachens verwirklicht.
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