Wenn man Zazen jemandem
erklärt, der nicht praktiziert, und sagt, dass es einfach darum
geht, zu sitzen und nichts zu tun, kann diese Praxis sehr
langweilig, monoton und uninteressant scheinen. Aus dem
Blickwinkel unseres Egos betrachtet, ist Zazen wie ein großer
Zeitverlust, wo man doch so viele Dinge tun könnte, die so
nützlich für unser Leben sind. Aber wenn man sitzt und sich
wirklich in das Sitzen von Zazen einbringt, d.h. wenn man all
seine Aufmerksamkeit und Energie darauf ausrichtet, nur zu sitzen
und weder etwas nachzujagen noch etwas zurückzuweisen, ändert sich
unser Geist schlagartig. Das ist eine völlige Revolution gegenüber
unserer normalen Funktionsweise, in der wir immer auf äußere
Objekte ausgerichtet sind - Handlungen, Dinge, die wir zu tun
haben - oder auf innere Objekte - Gedanken, Gefühle, Emotionen.
Gewöhnlicherweise sind wir immer sehr beschäftigt, aber wenn man
das Dojo betritt und sich in Zazen setzt, ist man nur noch mit
einem beschäftigt: zu sitzen. Man lässt sich von Zazen jeder
anderen Beschäftigung und jeder Anhaftung berauben. Und da
entdeckt man, statt gelangweilt zu sein, eine völlig andere,
völlig neue Art, in der Welt zu sein: Man ist völlig befreit von
der Anhaftung an Objekte, an Wesen, an Äußerlichkeiten und
realisiert, dass man völlig glücklich, ruhig und frei sein kann,
indem man einfach sitzt. Denn einfach zu sitzen, bedeutet, dass
wir nichts dem sehr einfachen Sachverhalt hinzufügen müssen,
einfach da zu sein mit allem, was uns umgibt, einfach eins mit
dem, was ist. Dass das reicht, ist die große Befreiung durch
Zazen.
Das bedeutet nicht, dass wir in unserem Leben nichts anderes mehr
machen als Zazen, aber das, was wir im Leben tun, wird, wenn wir
in Zazen verwurzelt sind, eine Art Ausdrucksweise von Zazen, d.h.
einer einfachen Gegenwärtigkeit in und für die Welt, frei von
jedem Habenwollen und jedem Zurückweisen. Das bedeutet, eine sehr
große innere Freiheit zu verwirklichen, die es ermöglicht, sich
mit einem selbstlosen Geist in Handlungen und Beziehungen
einzubringen.
Zazen ändert völlig unser geistiges Universum, lässt uns alte
Konditionierungen unseres Egos verlassen und die erwachte
Sichtweise Buddhas erfahren. Dann ist es nicht mehr nötig, seine
Energie an alle möglichen Objekte zu verschwenden und all zu viele
Dinge zu tun, als wären sie erforderlich, um wirklich zu sein.
Wenn wir verstehen, dass es in der Tiefe reicht, einfach zu sitzen
und gegenwärtig zu sein, ganz und gar zu sitzen, dass wir nichts
anderes brauchen, dann machen wir alles, was wir im Leben tun,
nicht aus einer Notwendigkeit heraus, sondern mit großer Freiheit.
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