Vier Tage lang haben wir zu siebt
in Hamburg auf der Straße gelebt. Wir haben gemeinsam Zazen
gemacht, an Gottesdiensten verschiedener Religionen teilgenommen,
um Nahrung und Geld gebeten, mit Obdachlosen gesprochen, wir haben
Pappkartons und Plastikfolien gesucht, um uns vor der Kälte
der Nacht zu schützen.
Warum praktizieren wir auf der
Straße, warum machen wir Sesshins im ehemaligen KZ Buchenwald?
Das Robashin-Dojo in
Solingen ist ein schöner Ort, an dem wir uns mehrmals in
der Woche zum Zazen treffen. Aber das Dojo ist ein Schutzraum.
Wir gehen in diesen Schutzraum, um in aller Ruhe (oder Stille)
zu meditieren. (Und das ist auch gut so!) Nach eineinhalb Stunden
verlassen wir ihn wieder und kehren zurück in den Alltag.
Aber auch in diesem Alltag schützen wir uns davor, bestimmte
Dinge hautnah zu erfahren. Wir sehen z.B. Menschen, die auf der
Straße leben, aber wir erfahren nicht, was es heißt,
auf der Straße zu leben. Eine mehr oder minder dünne
Folie trennt uns von diesem Leben.
Die meisten von uns haben Angst
vor Hunger und Kälte, davor, nicht zu wissen, wann es etwas
zu essen gibt und wo sie die Nacht verbringen werden. Wir haben
Angst davor, andere um etwas zu bitten, Angst davor, abgelehnt
zu werden, Angst davor, dass wir nicht mehr wie gewöhnlich
behandelt werden, weil sich unser gewöhnliches Aussehen verändert
hat. An Praxistagen auf der Straße teilzunehmen
heißt, den Schutzraum zu verlassen, die Folie wegzunehmen
und einen Teil des Lebens zu berühren, der uns Angst macht.
Es heißt aber auch, spirituelle
Praxis in den öffentlichen Raum zu tragen, dorthin, wo Leiden
sich sichtbar manifestiert, z.B. an einen Ort, an dem zwischen
100 und 200 Menschen herumlungern und sich Drogen spritzen.
Im Buddhismus spricht man von den sechs Bereichen. Einer von ihnen
ist die Hölle. Wer vor dem Drop-In in Hamburg meditiert hat,
hat in einer der gegenwärtigen Höllen meditiert.
Lasst uns unsere Praxis ausdehnen
auf die sechs Bereiche! |