BuddhaWeg-Sangha

Mitglied der Association Bouddhiste Zen d'Europe

Mitglied der Deutschen Buddhistischen Union

Startseite

 

Dem Leben eine Richtung geben - Die Gelübde der Bodhisattvas

 

Am Aschermittwoch wird den Gläubigen, die in einer katholischen Kirche am Morgengottesdienst teilnehmen, von dem Priester ein Aschekreuz mit den Worten: "Gedenke, oh Mensch, dass Du aus Staub bist und zum Staub zurückkehren wirst" auf die Stirn gezeichnet.

Ob wir in die Kirche gehen oder nicht, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht: Wir sind alle gezeichnet, wir alle tragen das Aschekreuz, wir werden alle wieder zu Staub werden. Der eine früher, die andere später.
Den Zeitpunkt unseres Todes kennen wir nicht. Er kann schon morgen sein, in einer Stunde, in dieser Minute.
Was machen wir mit diesem Leben, was machen wir mit der Zeit, die uns bleibt? Die vier Gelübde, die viele Buddhisten ablegen, sind die Wegweiser, die unserem Leben eine Richtung geben können.

Zahllos sind die lebenden Wesen. Wir geloben, sie alle zu befreien.

Häufig sehen wir nur uns selbst, unsere Wünsche, unsere Abneigungen, verhalten wir uns egoistisch. Wenn wir aufhören, selbstsüchtig zu handeln, sind wir nicht mehr Gefangene unserer Gier, unseres Hasses und unserer Unwissenheit. Damit befreien wir nicht nur uns selbst, sondern auch unsere Mitmenschen - von unserem Egoismus. Die Gelegenheit dazu bietet sich in (fast) jedem Augenblick.

Das gilt nicht nur für den Umgang mit unserer Familie, mit Freunden und Verwandten. Unser Wirtschaftssystem ist Ausdruck von Gier. Während auf der einen Seite der Reichtum einiger weniger Personen und Länder immer größer wird, wächst auf der anderen Seite die Armut vieler Personen und Länder. Alle lebenden Wesen zu befreien bedeutet auch, die übermäßige soziale Ungleichheit nicht länger hinzunehmen, sondern mit friedlichen Mitteln an ihrer Verringerung zu arbeiten, z.B. mit freiwilligem Verzicht.

Unerschöpflich sind die leidschaffenden Täuschungen. Wir geloben, sie alle zu überwinden.

Zumeist sehen wir nur Teilaspekte der Wirklichkeit, haben nicht das Ganze im Blick, täuschen uns über das, was ist, sehen vieles durch die Brille unserer Wünsche und Abneigungen. Wir handeln auf der Grundlage dieser unvollständigen und fehlerhaften Wahrnehmungen und schaffen viel Leid. Wenn wir genauer hinhören, auch die Untertöne hören, auch das Unausgesprochene hören, wenn wir genauer hinsehen, unseren Blick weiter werden lassen, wenn wir auch das Nicht-Offensichtliche sehen, dann verringern sich unsere Täuschungen und das Leid, das wir anderen zufügen.

Während ich an diesem Text schreibe, werden Tausende Kühe sinnlos geschlachtet, weil sich in der Herde ein Verdacht auf Rinderwahnsinn (BSE) gezeigt hat. Tausende Schafe werden sinnlos geschlachtet, weil sich ein Verdacht auf Maul- und Klauenseuche (MKS) gezeigt hat. - Ist es Ihnen aufgefallen? "Sinnlos geschlachtet" habe ich geschrieben. Ist es etwa sinnvoll, die Kühe zu schlachten, damit wir sie essen können? Ob die Kühe getötet werden, damit wir ihr Fleisch nicht essen, oder ob sie geschlachtet werden, damit wir ihr Fleisch essen, beides ist sinnloses Töten. Es würden weltweit wesentlich mehr Nahrungsmittel zur Verfügung stehen und weniger Menschen verhungern, wenn wir auf den Fleischkonsum verzichten würden: Aus den sogenannten Entwicklungsländern werden Sojabohnen exportiert, damit sie an Tiere verfüttert werden können.

Wenn der Tod der Kühe und Schafe einen Sinn haben kann, dann nur den, dass wir umgehend das Leid beenden, das wir durch unseren Fleischkonsum bei Tier UND Mensch verursachen.

Unermeßlich sind die Lehren des Lebens. Wir geloben, sie ganz zu durchdringen.

Wenn wir unsere Schutzbrillen absetzen, die Brillen, mit denen wir unsere Wahrnehmung filtern und durch die wir nur das zu uns durchdringen lassen, was in den Rahmen unserer Vorstellungen, Vorurteile und Urteile passt, dann sehen wir die Wirklichkeit, so wie sie ist. Wir leben und erleben den gegenwärtigen Augenblick. Das ermöglicht es uns, aus diesem Augenblick heraus zu handeln, ungeschützt, spontan und offen.

Oft vereinfachen wir die Dinge, um nicht eine schwierige, vielleicht sogar widersprüchliche Situation aushalten zu müssen. "Arbeitslose sind Faulpelze, die auf Kosten der Allgemeinheit leben" ist so eine Vereinfachung. "Alle Arbeitslose würden gerne arbeiten, man muss ihnen nur eine Arbeit verschaffen" ist eine andere Vereinfachung. Die Wirklichkeit ist komplizierter: Vielleicht hat jemand schon zig Bewerbungsschreiben geschrieben, zig Absagen bekommen und hat resigniert, vielleicht hat er oder sie aber auch tatsächlich keine Lust zu arbeiten. Wenn wir das Leben durchdringen, jeden Menschen und jede Situation in sich betrachten, lernen wir ständig dazu. Unsere Weisheit und unser Verstehen wachsen unaufhörlich. Spontan können wir jemand in den Arm nehmen oder (hilfreich) in den Hintern treten.

Endlos ist der Weg des Erwachens. Wir geloben, ihn ganz zu gehen.

Die Erde ist kein Paradies, kein Schlaraffenland, es gibt kein goldenes Zeitalter. Aber die Welt ist veränderbar. Wir können sie verändern, indem wir uns ändern. Wenn wir die negativen Auswirkungen von Gier, Hass und Unwissenheit mit wachen Augen sehen, wenn wir nicht mehr unseren Träumen, unseren Vorstellungen folgen, können wir uns bemühen, die Wirkung dieser drei „Gifte" zu verringern. Jetzt. Und jetzt. Und jetzt. Der Weg ist endlos, auch wenn wir nur dieses Leben haben.

Wenn wir die Wirklichkeit so sehen, wie sie ist, können wir uns nicht nur im Sessel zurücklehnen oder nur auf dem Meditationskissen verweilen. Es gibt viel zu tun, endlos viel, um materielles und seelisches Elend zu verringern. Der Weg ist endlos, das Ziel nicht erreichbar. Das zu sehen, gehört zum Sehen der Wirklichkeit, so wie sie ist. Weil wir wissen, dass der Weg endlos ist, entmutigt es uns nicht, wenn wir keine Erfolge sehen. Wir gehen den Weg weiter, weil es der Weg ist, nicht weil wir glauben, erfolgreich zu sein.

  Kontakt Juristischer Hinweis kostenlose counter by www.counter-kostenlos.net