Dass
spirituell orientierte Menschen nicht mit Anhaftung zu kämpfen
haben und über den Problemen des alltäglichen Lebens stehen,
ist ein Mythos. Sie haben sogar gewöhnlich sehr mit diesen
Problemen zu tun, denn die Dinge des Lebens berühren sie sehr
tief. Sie leben nicht im Reich der Vorstellungen und Gefühle
über das Leiden, sondern im Reich des Handelns.
Woher wissen diese Menschen, was in einer Situation zu tun ist?
Woran erkennen sie, wie Heilung herbeigeführt werden kann?
Wenn wir teilhaben, wenn wir mit einer Situation – Obdachlosigkeit,
Armut, Krankheit, Gewalt oder Tod – eins werden, offenbart
sich rechtes Handeln von selbst. Sorgen darüber, was wir
am besten tun sollten, sind überflüssig. Wir brauchen
nicht vorbeugend nach Lösungen zu suchen. Aus unserem Bezeugen
ergibt sich, wie wir für den Frieden arbeiten können.
Liebevolles Handeln entsteht, wenn wir mit unserem ganzen Körper
und Geist zuhören.
Liebevolles Handeln ist rechtes Handeln. Es ist ganz einfach:
Wir reichen jemandem, der gestolpert ist, die Hand, und wenn ein
Kind hingefallen ist, heben wir es vom Boden auf. Wir tun täglich
solche Dinge, ohne sie als etwas Besonderes anzusehen. Und sie
sind auch nichts Besonderes, sondern einfach die bestmögliche
Art, in einem bestimmten Augenblick auf die aktuelle Situation
zu reagieren.
Wir arbeiten für die Heilung anderer, und indem wir dies
tun, heilen wir auch uns selbst. Wir warten nicht, bis wir Frieden
gefunden haben, um erst dann mit unserer Arbeit für den Frieden
zu beginnen. Wenn wir die Welt als Einheit sehen, können
wir uns nur heilen, indem wir auch alle anderen heilen, denn es
gibt im Grunde keine ”anderen”.
Am Anfang von allem steht der Zustand des Nichtwissens, das Gelübde,
dass wir uns von unseren konditionierten Reaktionen lösen
und das Unbekannte erforschen wollen. Wir stellen uns nicht die
Frage, mit Hilfe welcher Methode wir einen Konflikt am besten
lösen können, sondern wir versuchen, an alle Situationen
ohne Fixierung auf bestimmte Vorstellungen oder Lösungsmodelle
heranzugehen. Nur wenn wir dies schaffen, können wir wahrhaft
teilhaben. Und indem wir mit jeder sich manifestierenden Situation
eins werden, indem wir den Ort von Leiden, Krankheit oder Verzweiflung
in uns selbst finden, tritt Heilung ein.
Je umfassender unser Teilhaben wird, um so tiefgehender auch
die daraus resultierende Heilung. Unser Verhalten in einer Situation
ist Ausdruck unseres Verständnisses ihrer unterschiedlichen
Aspekte. Tiefe und Umfassendheit unseres Verständnisses hängen
von unserer Fähigkeit ab, teilzuhaben, also letztlich davon,
wer wir selbst sind. Wenn wir wirklich aus dem Bewusstsein heraus
leben, dass wir alle ein Körper sind, wenn wir wahrhaft Zeugnis
von diesem einen Körper ablegen, werden wir niemanden vernachlässigen.